Die Heirat – und was sie hindert

Die Ehe nach den von Allah festgesetzten Prinzipien ist eine Vereinbarung zwischen Mann und Frau. Sie wird im Islam als eine Ibâda (Gottesdienst) verstanden. Beispielsweise heißt es in islamischen Rechtsbüchern: „Seit Adam (as) gibt es für uns zwei Ibâdat, die auch im Paradies weitergeführt werden. Diese sind die Ehe und der Imân.” (Ibni Âbidin, III, 3)

Muslimische Gelehrte äußern sich über die Eheschließung  wie folgt: Besteht die Gefahr der Unzucht (Zinâ) und ist eine Möglichkeit gegeben, rechtsmäßig zu Heiraten, so ist diese Person verpflichtet zu heiraten. Den Weg der Unzucht zu begehen, statt rechtmäßig zu heiraten ist sündhaft. Besteht nicht die Gefahr der Unzucht, ist die Person wohlhabend und heiratet, so folgt er der Sunna des Propheten Muhammad (saw). Doch jemand derVerantwortungen einer Ehe nicht gerecht werden kann oder möchte, so ist dessen Eheschließung verpönt (makrûh). Sofern es sogar Beweise für die Unfähigkeit einer Person, den Verantwortungen gerecht zu werden, gibt, ist die Eheschließung dieser Person verboten (haram). (Ibni Âbidin, III, 6-7; Kitâb-u Badâi’us-Sana’i, 2, 227-228)

Sowie der Koran als auch die Sunna erlauben und fördern die Eheschließung. Dazu möchten wir zwei Beispiele aus dem Koran und der Sunna heranziehen:

{يَا أَيُّهَا النَّاسُ اتَّقُواْ رَبَّكُمُ الَّذِي خَلَقَكُم مِّن نَّفْسٍ وَاحِدَةٍ وَخَلَقَ مِنْهَا زَوْجَهَا وَبَثَّ مِنْهُمَا رِجَالاً كَثِيراً وَنِسَاء وَاتَّقُواْ اللّهَ الَّذِي تَسَاءلُونَ بِهِ وَالأَرْحَامَ إِنَّ اللّهَ كَانَ عَلَيْكُمْ رَقِيباً }النساء1

O ihr Menschen! Fürchtet euren Herrn, der euch aus einem (einzigen) Wesen erschuf und aus ihm sein Partnerwesen und aus ihnen viele Männer und Frauen entstehen ließ. Und seid euch Allahs bewusst, in dessen Namen ihr einander bittet, und eurer Verwandtschaftsbindungen. Siehe, Allah wacht über euch.“ (Sure Nisâ, [4:1])

Ferner sagte der Prophet folgendes:

عَنْ أَبِي أَيُّوبَ ، قَالَ : قَالَ رَسُولُ اللَّهِ : " أَرْبَعٌ مِنْ سُنَنِ الْمُرْسَلِينَ : الْحَيَاءُ ، وَالتَّعَطُّرُ، وَالسِّوَاكُ، وَالنِّكَاحُ " . الترمذي باب النكاح

Es gibt vier Dinge, die zur Sunna der Propheten gehören: die Schamhaftigkeit (Hayâ), das Nutzen schöner Düfte, das Benutzen des „Miswâk“ und die Vermählung.“ (Tirmizî, Nikâh)

Manchmal kann es dazu kommen, dass sich Hindernisse vor der Eheschließung auftun. Einige dieser Grenzen dürfen nicht übertreten werden. Wie noch später einzugehen sein wird, ist es nicht gestattet, Personen zu heiraten, die zum Personenkreis der „Muharramât”, also den Personen, die zu heiraten nicht gestattet ist. Doch ähnlich wie es auch in der vorislamischen Zeit gewesen ist, gibt es Menschen, die die Ehe als bloße Belastung sehen und allein ihren Trieben nachkommen und diese zufriedenstellen möchten – unabhängig, ob dies auf rechtmäßigem oder unrechtmäßigem Wege geschieht. Für diese Menschen erscheint die Ehe keine echte Option zu sein. Das Allerwichtigste ist es, unter keinen Umständen die von Gott gesetzen Grenzen zu überschreiten. Das Zweite kann der Grund für den gesellschaftlichen Zerfall sein. Ohne an dessen Verwerflichkeit zu denken, leben viele Menschen in unerlaubten Beziehungen, so dass die Ehe immer seltener wird. Die Ehe ist im Islam rechtmäßig, solange ihre Bedingungen eingehalten werden. Zu den Bedingungen und Regeln gehören Beschränkungen bezüglich den Personen, die miteinander heiraten dürfen oder nicht. Diese Bedingungen machen die Ehe rechtmäßig erlaubt oder verboten.

Der Personenkreis, denen es nicht erlaubt ist miteinander zu heiraten, lässt sich in drei Gruppen unterteilen:

1. Verwandtschaft: Für Männer Fallen in diese Kategorie: ihre Mütter, Großmütter, Töchter, Schwestern, Töchter der Brüder und Schwestern, Tanten väterlicherseits, sowie mütterlicherseits. Für Frauen sind dies ihre Väter, Großväter, Söhne, Brüder, Söhne der Brüder und Schwestern, Onkel väterlicherseits und mütterlicherseits.

2. Milchgeschwister: Jene, die aus Verwandtschaftsgründen nicht heiraten dürfen, gelten auch auf Grund der “Milchverwandtschaft” als verboten.

3. Verwandtschaft durch Heirat: Der Koran teilt diese Personengruppe in vier Untergruppen ein. Diese sind die Stiefmutter, die Frau des Sohnes, die Schwiegermutter und die Stieftochter. Diese Personen zu heiraten ist unter keinen Umständen erlaubt.

Ferner gibt es auch solche Heiratshindernisse, die nur ein Hindernis auf Zeit darstellen:

1. Die Heirat mit zwei Schwestern zur gleichen Zeit

2. Eine Frau und ihre Tante gleichzeitig zur Ehefrau zu haben.

3. Wenn die Ehepartner unterschiedlichen Religionen angehören; Es ist nur möglich, dass ein muslimischer Mann eine Frau heiratet, die einer der Offenbarungsreligionen (Ahl al-Kitâb) angehört.

4. Eine bereits verheiratete Frau zu heiraten

5. Eine Frau zu heiraten, die rechtmäßig von ihrem Mann geschieden wurde und ihn dann wieder heiratet, ohne davor eine Ehe mit einem anderen Mann eingegangen zu sein

Personen außerhalb dieser Gruppen zu heiraten ist erlaubt. Der Prophet war mit der Tochter seiner Tante väterlicherseits, Zaynab (ra), liiert. Seine Tochter Fâtima (ra) heiratete den Sohn ihres Onkels Ali (ra). Allerdings gibt es keine Vorbehalte, die Ehe mit einer nicht verwandten Person zu empfehlen.

Bevor also eine Ehe geschlossen wird, sollten die oben genannten Hindernisse beachtet werden. Auch wenn im gültigen Recht eine Milchverwandtschaft kein Hindernis für eine Ehe darstellt, ist laut islamischen Rechts eine solche Eheschließung nicht erlaubt. Traurigerweise muss erwähnt werden, dass es zu unwissend eingegangene Ehen zwischen Milchverwandten kommt. Beispielsweise können zwei Menschen von derselben Frau gesäugt worden sein und später eine Ehe eingehen. Manchmal haben diese bereits gemeinsame Kinder und erst dann erfahren sie, dass sie eigentlich (Milch-)Geschwister sind. Die Familie löst sich auf, Kinder verlieren ihre Eltern und es kommt zu materiellen und seelischen Konflikten.

Das Kernstück einer Gesellschaft ist die Familie. Menschen, die sich vor der Gründung einer Familie scheuen, haben die Vorteile und den Segen der Ehe nicht verstanden und lassen sich stattdessen von ihrem „Nafs“ (Triebseele) leiten.

Es sollte bedacht werden, dass die Ehe, wie bereits erwähnt wurde, eine Sunna der Propheten ist. Sie vermehrt die Gaben Allahs und schützt vor Armut. In einem Koranvers heißt es dazu:

{وَأَنكِحُوا الْأَيَامَى مِنكُمْ وَالصَّالِحِينَ مِنْ عِبَادِكُمْ وَإِمَائِكُمْ إِن يَكُونُوا فُقَرَاء يُغْنِهِمُ اللَّهُ مِن فَضْلِهِ وَاللَّهُ وَاسِعٌ عَلِيمٌ }النور32

Und verheiratet die Ledigen unter euch und eure Diener und Dienerinnen. Wenn sie arm sind, wird Allah sie aus seinem Überfluss reich machen; denn Allah ist großzügig und wissend.“ (Sure Nûr, [24:32]) Und der Gesandte Allahs sagt:

"ثلاثة حق على الله تعالى عونهم: المجاهد في سبيل الله، والمكاتب الذي يريد الأداء، والناكح الذي يريد العفاف" 3497 الجامع الصغير للسيوطي

Wer immer heiratet, um seine Keuschheit zu bewahren, dem ist Allahs Hilfe gewiss.“(Dschâmius Sağîr, S. 211, Nr. 3497)

Neben dem individuellen Nutzen ist die Ehe auch von Nutzen für die Gesellschaft. Tatsache ist, dass es dem jeweilig anderen Geschlecht gegenüber Gefühle gibt. Dies gehört zu den wichtigsten Elementen der menschlichen Natur. Das Zufriedenstellen bestimmter Gefühle ist allerdings allein innerhalb der Ehe erlaubt. Für einen Muslim ist die Befriedung seiner menschlichen Bedürfnisse auf keinem anderen Wege erlaubt.

Kinder zu bekommen, sich um sie zu sorgen und die Familie zu schützen, ist nur durch die Ehe möglich. Menschen, die ihre Triebe auf unerlaubten Wegen zufriedenstellen, ohne ernsthaft über Nachkommenschaft nachzudenken, tun der Menschheit nichts Gutes. „Ich lebe mein Leben und der Rest interessiert mich nicht.” ist kein Satz, hinter der sich eine akzeptable Haltung verbergen würde. Gefühle wie Liebe, Barmherzigkeit und Zärtlichkeit kommen nur in einer Familie zustande. Was es heißt Mutter und Vater zu sein weiß man erst, wenn man Kinder hat. Menschen, die der Verantwortung der Ehe nicht nachkommen, keine Kinder bekommen möchten, fern von Gefühlen wie tiefer Liebe, Barmherzigkeit und Zärtlichkeit leben, möchten sich ihr Leben im Alter gar nicht erst ausmalen.

Bis hierhin wurden Themen bis zur Eheschließung thematisiert. Nun geht es um Themengebiete, die die Zeit nach der Eheschließung betreffen. In der islamischen Eheschließung, gibt man sich das Ja-Wort mit der Absicht eine Bindung für die Ewigkeit zu schließen. Daher ist es von Nöten, dass sowohl der Mann als auch die Frau aufopferungsbereit und selbstlos sind. Diese Eigenschaften stärken den Bund der Ehe und schützen es vor der Zerrüttung durch Kleinigkeiten. Man sagt, dass der Nafs niemals gesättigt wird. Wer jemanden ohne Makel sucht, wird niemanden finden. Kein Mensch ist makellos und fehlerfrei. Es gibt nichts, was nicht durch Erziehung und gegenseitiges Verständnis behoben werden könnte. Die Ehepartner dürfen ihrem Nafs nicht verfallen. Ein wenig Durchhaltevermögen und Geduld löst auf die Dauer viele Probleme.

Die Familienbande kann durch verantwortungsbewusstes Handeln aufrecht und lebendig gehalten werden.  Verantwortung bedeutet den Sinn des Aktes der Eheschließung verstanden zu haben und dieses Verständnis auch durch Taten zum Ausdruck zu bringen. Die Konsequenzen einer Ehe sind mehr oder weniger abschätzbar. Mann und Frau haben bestimmte Rechte, die geschützt werden müssen. Und auch die Rechte der Kinder, die die Früchte einer Ehe darstellen, müssen beachtet und geschützt werden. Für den Schutz all dieser Rechte muss es Menschen geben, die ein ausgeprägtes Verantwortungsbewusstsein in sich tragen. Sieht man sich selbst als jemanden, der frei von Verantwortung ist, der sich nach der Stillung bestimmter Bedürfnisse für nichts Weiteres interessiert, ist es nicht möglich, eine Ehe weiterzuführen. Heutzutage gibt es zwei Hauptprobleme, die Grund für eine Scheidung sind: das Fehlen von Selbstlosigkeit und Verantwortungsbewusstsein.

Eine Gesellschaft, die auf funktionierenden Familien basiert, ist eine ideale Gesellschaft. Dies ist im Sinne des Islams. Deshalb sollte der Muslim vor der Ehe nicht seinem Nafs verfallen, um die Ehe zu umgehen, sondern auf erlaubtem Wege ein eigenes Heim aufbauen. Verheiratete sollten ihre gesamte Kraft sammeln, geduldig sein und Dinge, die der Ehe schaden könnten, gemeinsam angehen. Die Pflege einer glücklichen Familie sollte nicht an mangelndem Durchhaltevermögen scheitern.


Von: M. Hulusi Ünye
Übersetzung: Sebahat Köse

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