Hafsa, die vierte Frau des Propheten, Schützerin des Koran

 

Hafsa bin Umar, die vierte Mutter der Gläubigen, Schützerin des Heiligen Koran

Leitspruch

„O, Töchterlein, stelle dich der, der ihre Schönheit und die Liebe des Gesandten Allahs gefällt, nicht gleich. Bei Allah, ich habe erfahren, dass der Gesandte Allahs dich nicht liebt, und wenn ich nicht da wäre, hätte er sich von dir scheiden lassen.“[1]


Vorgeschichte

Hafsa, Allahs Wohlgefallen auf ihr, war in erster Ehe mit Hunaif, Sohn des Chusafa, Sohn des Qairs, Sohn des ‘Adi der Familie Sahm aus dem Stamme Quraisch verheiratet gewesen.[2] Hunaif nahm an beiden Emigrationen der Muslime nach Abessinien bzw. nach Madina teil und wurde zu den Gefährten des Gesandten, Allahs Segen und Friede auf ihm, d.h. zu den Sahabis, gezählt.[3] Er nahm als einziger aus seiner Familie an der Schlacht des Badr teil. Nachdem er in der Schlacht von Uhud verwundet worden war, verstarb er in Madina. Als Witwe hinterließ er Hafsa, die Tochter des ‘Umar ibn al-Khattab. Hafsa war damals erst zwölf Jahre alt. Nach dem Tod ihres Mannes kehrte Hafsa in das Haus ihres Vaters zurück. Dort verbrachte sie betrübt und traurig ihre Tage, bekümmert, dass ihre Jugend so einsam und abgeschieden verrann. Dies bereitete ihrem Vater tiefe Sorge. Nachdem er über sechs Monate lang die Trauer Hafsas ertragen hatte, entschloss er sich, ihr einen Ehemann zu suchen. Bei seinen Überlegungen kam er dabei auf seinen Freund Abu Bakr ibn Abi-Quhafa, der zugleich der erste Gefährte des Gesandten und dessen Schwiegervater war. Beim Überdenken gefiel ‘Umar diese Idee immer mehr. Denn Abu Bakr war ein erfahrener Mann von gütigem Charakter, ruhig und zuverlässig, und er würde seine Tochter Hafsa ohne Zweifel gut behandeln und die Trauer der Witwenschaft von ihr nehmen. Auch dachte ‘Umar, dass eine Ehe mit Abu Bakr ihm mit dem Gesandten mehr in Verbindung bringen würde.

Diese Überlegungen ‘Umars beweisen, nebenbei bemerkt, dass es in der damaligen Gesellschaft allgemein üblich war, die Mädchen sehr jung zu verheiraten. Auch war es offensichtlich damals nicht ungewöhnlich, junge Frauen mit älteren Männern zu verheiraten. Hafsa war, wie bereits erwähnt, mit 12 Jahren schon Witwe und Abu Bakr war älter als ihr Vater.


Heirat

Nachdem er seine Gedanken überdacht hatte, gab es für ‘Umar kein Zaudern mehr. Er ging sofort zu Abu Bakr und berichtete ihm über seine Hoffnung für seine Tochter Hafsa. Doch Abu Bakr, der ihm schweigen zuhörte, erwiderte seinen Vorschlag mit keinem Wort. Die Ablehnung Abu Bakrs, Hafsa zu heiraten, traf ‘Umar sehr tief. Es schmerzte ihn, annehmen zu müssen, dass Abu Bakr, nachdem er ihm seine Tochter angeboten hatte, ihm die Beleidigung zufügen könnte, Hafsa abzulehnen. In Zorn und tiefer Sorge verließ er das Haus Abu Bakrs. Doch brachte ihn diese Ablehnung Abu Bakrs nicht von seinem Vorhaben ab, seine Tochter zu verheiraten. So führten ihn neue Überlegungen zum Hause ‘Usman ibn ‘Affans. ‘Usman ibn ‘Affan war mit Ruqaiyya, die Tochter des Gesandten, verheiratet gewesen. Doch war Ruqaiyya kurz nach ihrer Rückkehr nach Madina von der ersten Emigration der Muslime nach Abessinien gestorben. ‘Usman war daher schon längere Zeit Witwer. Er war wegen seines guten Charakters, seiner Frömmigkeit und infolge seiner Stellung zu Muhammad als dessen Schwiegersohn hoch angesehen unter den Muslimen. Nachdem ‘Umar dies überdacht hatte, bot er ‘Usman seine Tochter Hafsa zur Ehefrau an. ‘Usman zögerte mit seiner Antwort und bat ‘Umar einige Tage zu warten. Danach zog er sich von dem Angebot zurück mit den Worten: „Ich will jetzt nicht heiraten.“ Diese Kränkung seiner Ehre durch ‘Usman verletzte ‘Umar um so tiefer, als er die Ablehnung seiner Tochter durch Abu Bakr noch nicht überwunden hatte. Nach einem anderen Bericht ging ‘Umar zuerst zu ‘Usman und dann zu Abu Bakr. ‘Umar war über die beiden Ablehnungen sehr zornig und konnte nicht verstehen, dass Muminuun und gute Freunde seine Tochter Hafsa, die jung, überzeugt und von gutem Charakter war, ablehnen konnten, zumal er selbst als ihr Vater eine Stütze des Islam und aus edlem Geschlecht war. Er kam von der Frage nicht los, warum Abu Bakr und ‘Usman seine Tochter zurückgewiesen hatten. Um Gewissheit zu erlangen, ging er zum Gesandten und brachte ihm seine Beschwerde vor.

Der Gesandte merkte sogleich, dass ‘Umar aufgebracht war und begegnete ihm mit der Frage, was ihn betroffen mache. ‘Umar sprach sehr offen vor dem Gesandten und rügte das verletzende Verhalten Abu Bakrs und ‘Usmans. Der Gesandte lächelte und antwortete ihm beruhigend: „Hafsa wird den heiraten, der besser als ‘Usman ist; und ‘Usman wird die heiraten, die besser als Hafsa ist.“ Diese Worte erstaunten ‘Umar sehr, denn wer anders als der Gesandte konnte besser als ‘Usman sein! Er verstand dies als Angebot des Gesandten, seine Tochter zu heiraten. Es war eine große Ehre, die ‘Umar selbst niemals zu wünschen gewagt hätte. Befreit von seiner Sorge eilte er voller Freude auf den Gesandten zu und gratulierte ihm zu seinem Entschluss. Dann eilte er hinaus, um allen Leuten seine Freude über die Verlobung zu verkünden und ihre Glückwünsche entgegenzunehmen. Daraufhin lief er nach Hause, um seine Tochter die frohe Botschaft zu übermitteln. Auf dem Wege begegnete ihm Abu Bakr, der seine Freude bemerkte und erriet, was ihre Ursache war. Entschuldigend und zugleich gratulierend streckte Abu Bakr ihm seine Hand entgegen und sprach: „O ‘Umar, sei nicht traurig wegen mir, denn der Gesandte hatte bereits zuvor von (einer Heirat mit) Hafsa gesprochen, und ich konnte das Geheimnis des Gesandten nicht publik machen. Hätte der Gesandte Hafsa nicht geheiratet, so hätte ich sie geheiratet.“

Damit erklärte sich das Missverständnis zwischen den Freunden auf. Jeder von ihnen eilte zu seiner Tochter; Abu Bakr zu ‘Aischa, um sie über die künftige Heirat Muhammads mit Hafsa zu informieren, und sie in ihrer zu erwartenden Erregung zu besänftigen und es ihr zu erleichtern, sich in die neue Situation einzufinden; und ‘Umar zu Hafsa, um ihr zu dem besten Ehemann Glück zu wünschen, den sie sich je hätte wünschen können. Die Stadt Madina segnete diese Heirat und gratulierte ‘Umar zu der Ehre der Verwandtschaft mit dem Gesandten. Sie segnete auch Hafsa, die Überzeugte, weil der Gesandte sie als Ehefrau zu sich nahm. Kurz danach segnete Madina auch die Heirat ‘Usmans mit Umm Kulthum, der Tochter des Gesandten, wie Muhammad gegenüber ‘Umar schon angedeutet hatte.


Ehe

Nachdem das Haus des Gesandten sich für den Empfang der neuen Ehefrau vorbereitet hatte, fand die Eheschließung im Monat Scha’ban des Jahres drei n.H. statt. Hafsa kam in das Haus des Gesandten zu Sawda und ‘Aischa. Sie erhielt ihre Wohnung neben der von ‘Aischa. Während Sawda Hafsa sehr freundlich empfing, war ‘Aischa von dem Erscheinen Hafsas unangenehm berührt. Denn sie vermochte nicht zu verstehen, dass ihr Mann eine weitere andere Frau bis zu ihrem Tod zu sich genommen hatte.

Hafsa nahm eine hohe Position im Hause des Gesandten ein, einmal Kraft ihrer eigenen Stellung als Tochter des hochangesehenen ‘Umar ibn al-Khattab, dann aber auch als Überzeugte, deren erster Mann für den Islam gefallen war, ferner weil der Gesandte sie selbst ausgewählt hatte und zu seiner Ehefrau nahm. Diese Stellung Hafsas bildete bereits eine erste Ursache für ‘Aischas Eifersucht, obwohl ihre eigene Position höher war als die von Hafsa. Betrübt und eifersüchtig machte sie jedoch besonders, dass Gesandte nun lange Zeit bei Hafsa weilte, was zuvor bei Sawda nicht geschehen war.

Stelle Hafsas zu ‘Aischa

Zunächst lebte Hafsa im Hause Muhammads zufrieden und fröhlich, auch wenn ihre Beziehung zu ‘Aischa von Anfang an durch Eifersucht getrübt war. Als sich jedoch herausstellte, dass die Liebe des Gesandten zu ‘Aischa stärker war als die Liebe zu ihr, traf sie dies tief. Hafsa erklärte sich den Unterschied damit, dass ‘Aischa bereits vor ihr mit dem Gesandten verheiratet war und die Tochter seines besten Freundes Abu Bakr war. Dazu war ‘Aischa die Einzige unter den Ehefrauen Muhammads, die mit keinem anderen Mann vor ihm verheiratet gewesen war, demnach zu ihm als Jungfrau kam. Als Muhammad jedoch weitere Ehefrauen zu sich nahm, besserten sich auch die Beziehungen zwischen Hafsa und ‘Aischa. In den folgenden Auseinandersetzungen standen Hafsa und ‘Aischa gemeinsam gegen die anderen Frauen.

‘Umar, der Vater Hafsas, billigte die Verbindung seiner Tochter mit ‘Aischa nicht, besonders als er erfuhr, dass es sich gegen die anderen Frauen richtete. Darum ermahnte er seine Tochter mit den Worten: „Wo bist du von ‘Aischas und wo ist dein Vater von ihres (Vaters Position)?“. Durch diese Worte wollte ‘Umar seine Tochter darauf hinweisen, dass sie eine andere Position als ‘Aischa einnahm und auch der Vater ‘Aischas höher als er selbst stehe. Er wollte daher nicht, dass sich Hafsa mit ‘Aischa gleichsetzte und sich so viel „herausnahm“ wie ‘Aischa. Diese Ermahnung beinhaltete aber auch, dass seine Tochter ihre Beziehung zu ‘Aischa nicht zu eng gestalten sollte. Als ‘Umar einmal erfuhr, dass seine Tochter sogar dem Gesandten öfters Widerworte gab und ihn dadurch verärgerte, eilte er zu ihr, um sie zur Rede zu stellen, ob das, was er gerade gehört hatte, wahr sei, und als sie ihm dies bestätigte, sprach er zornig zu ihr: „Wisse, ich ermahne dich, fürchte dich vor der Strafe Allahs und dem Zorn seines Gesandten! O mein Töchterlein, du solltest dich nicht vergleichen mit der, die mit ihrer Schönheit und an der Liebe des Gesandten Allahs Gefallen findet. Bei Allah, ich habe erfahren, dass der Gesandte dich nicht liebt und wenn ich nicht wäre, hätte er sich von dir scheiden lassen.“

Doch fruchtete diese Mahnung wenig, denn Hafsa besaß eine starke Persönlichkeit und wahr sehr selbstbewusst und stolz, so dass sie nicht überzeugt werden konnte, dass ‘Aischa oder eine der anderen Ehefrauen des Gesandten Muhammad bei ihm eine höhere Stellung einnehmen sollte als sie. Daher lies sie sich auch nicht davon abhalten, dem Gesandten weiterhin in einigen Punkten zu widersprechen. Auch auf religiösem Gebiet versuchte sie, dem Gesandten durch Qur’anverse von ihrer Meinung zu überzeugen.

Einst erinnerte sich der Gesandte seiner früheren Anhänger, die ihm bei der berühmten „Huldigung von ar-Radwan“ gehuldigt hatten, und äußerte sich über sie vor Hafsa: „Wenn Allah will, werden sie nicht in die Hölle kommen.“ Hafsa widersprach dagegen: „Nein, o du Gesandter Allahs.“ Der Gesandte forderte sie auf, nicht weiter zu sprechen. Doch sie entgegnete ihm mit Sura 19, Aya 71:
„Und es gibt nicht einen von euch, der nicht vor ihr erscheinen wird. …“.
Der Gesandte erwiderte ihr darauf mit der nachfolgenden Aya:
„Alsdann werden Wir diejenigen erretten, die gottesfürchtig gewesen sind. Doch die, die Unrecht getan haben, werden Wir dort auf den Knien zurücklassen.“

Trotz der Eigenwilligkeit Hafsas war der Gesandte bemüht, sie wie seine anderen Ehefrauen zart und barmherzig zu behandeln. Hafsa erfuhr neben ‘Aischa die meiste Rücksichtnahme seitens des Gesandten, denn beide waren Töchter naher Freunde und der besten Männer, die Muhammad in seiner Umgebung hatte. In dem vorangegangenen Kapitel ist bereits die Geschichte von dem Streit der Ehefrauen, der sogenannte Frauendemonstration im Hause des Gesandten berichtet worden, in der Hafsa eine wichtige Rolle spielte.


Schweigegebot

Hafsa war im Laufe der Zeit zu der Ansicht gekommen, dass der Gesandte einige seiner anderen Frauen mehr liebte als sie. Als Hafsa eines Tages von einem Besuch bei ihren Eltern zurückkehrte, fand sie den Vorhang zu ihrer Wohnung geschlossen, während sich der Gesandte dort mit Maria aufhielt. Hafsa war darüber auf das Höchste erregt und wartete mit angespannten Nerven vor dem Eingang, bis Maria ihre Wohnung verlassen hatte. Dann stürzte sie hinein und sagte, tief verletzt, weinend und voller Zorn zum Gesandten: „Wahrlich, ich habe gesehen, wer bei dir gewesen ist. Würdest du mich nicht missachten, hättest du nicht so gehandelt“.

Obwohl sich Muhammad keiner Schuld bewusst war, verstand er doch, dass Hafsa die Situation missdeutete und sich in ihre Ehre verletzt glaubte. Da er sie nicht zu überzeugen vermochte, wünschte er, sie zufriedenzustellen, und um die Ruhe wiederherzustellen, versprach er ihr, in Zukunft mit Maria nicht mehr zusammenzukommen. Er bat sie jedoch, um Maria nicht zu verletzen, den anderen Frauen nichts davon zu erzählen und sie stimmte zu. Trotzdem konnte sie in ihrer Aufgebrachtheit nicht schweigen und erzählte ‘Aischa sofort alles über den Vorfall. Durch diese Verletzung ihres Schweigegebots brachte Hafsa alle Frauen gegen Maria und den Gesandten auf und stiftete dadurch Unfrieden im Hause. Dies führte zur Trennung Muhammads von seinen Frauen worüber bereits ausführlich in Geschichte ‘Aischas berichtet worden ist. Doch handelte Hafsa in dieser Situation nicht aus Bosheit, sondern aus ihrer Erregung heraus, ohne die Folgen überblicken zu können.


Scheidung Hafsas

In einem Bericht, der von fast allen Historikern bestätigt wird,[4] wird sogar erzählt, dass der Gesandte, erzürnt über den Bruch des Schweigegebots, sich daraufhin von Hafsa geschieden hat. Allerdings nahm er sie später wieder zurück, wofür von den Historikern verschiedene Gründe angeführt werden. Nach einem Bericht nahm Muhammad Hafsa zurück, um ihren Vater ‘Umar von seinen Schmerzen zu lösen. Denn ‘Umar klagte nach der Scheidung mit den Worten: „Wahrlich, Allah kümmert sich nicht um ‘Umar und seine Tochter.“ Danach erschien dem Gesandten der Erzengel Dschibril (Gabriel) und gebot ihm: „Wahrlich, Allah befielt dir, Hafsa zu dir zurückzunehmen, aus Barmherzigkeit, um ‘Umars Willen.“

Nach einem anderen Bericht gebot Dschibril dem Gesandten: „Nimm Hafsa zu dir zurück, denn sie ist eine Fastende und Betende und wird deine Frau im Paradies sein.“[5]

Es ist hinzuzufügen, dass die Scheidung von Hafsa und ihre Zurücknahme zeitlich von der Trennung Muhammads von allen seinen Frauen liegt. Diese „Große Scheidung“ Muhammads von seinen Frauen ließ Hafsa noch beschämter und mit einem beschwerten Gewissen zurück, da sie dadurch, dass sie das Schweigegebot des Gesandten übertreten hatte, die eigentliche Ursache für den Konflikt gewesen war. Als ‘Umar von dieser Großen Scheidung erfuhr, und dass Hafsas Fehlverhalten auch hierfür die Ursache gewesen war, drohte er seiner Tochter, dass er niemals mehr mit ihr sprechen würde, wenn sich nun der Gesandte von ihr scheiden ließe. Doch konnte er nicht recht glauben, dass der Gesandte sie tatsächlich von allen seinen Frauen geschieden hatte. Um Klarheit zu gewinnen, eilte ‘Umar zum Gesandten. In der folgenden Unterredung sagte er über seine Tochter: „O, bei Allah, wenn mir der Gesandte den Befehl gäbe, Hafsa den Kopf abzuschlagen, schlüge ich ihren Kopf ab.“

Als ‘Umar sich im Raume umschaute, in dem der Gesandte wohnte, bemerkte er, wie elend und einfach der Gesandte nun lebte, da keine Frauenhand mehr für seine Bequemlichkeit sorgte. Der Gesandte lag auf einem harten Strohteppich und im Raume fand sich nur ein Häufchen Gerstenkörner zur Nahrung. ‘Umar überkam Mitleid, und er brach in Tränen aus, weil sein Herz stark ergriffen war. Der Gesandte blickte ihn an und fragte: „Was lässt dich weinen, o du Sohn al-Khattabs?“ ‘Umar erwiderte: „O, du Gesandter Allahs, warum machst du dir die Sache mit den Frauen so schwierig? Wenn du dich von ihnen geschieden hast, dann stehen wir dir doch zur Seite, Allah, Seine Engel und Dschibril und Mikail, ich, Abu Bakr und alle Überzeugten.“ Damit wollte er ihm zu verstehen geben, dass alle bereit wären, ihm zu helfen. Der Gesandte lächelte über dieses Zeichen der Zuneigung, und um ‘Umar zu beruhigen, erklärte er ihm, dass er sich nicht von seinen Frauen geschieden habe, sondern sich nur für einen Monat von ihnen getrennt habe.

Mit diesen Worten gab der Gesandte ‘Umar seine Zufriedenheit wieder und zerstreute seine Ängste, die auch ihn und seine Tochter bedroht hatten. Voller Freude über diese Auskunft bat er den Gesandten, zur Moschee gehen und dies verkünden zu dürfen. Nachdem der Gesandte dies bejahte, eilte er zur Moschee und sprach dort so laut er konnte: „Der Gesandte scheidet sich nicht von seinen Frauen.“ Kurz darauf folgte ihm der Gesandte und rezitierte von den versammelten Menschen die Offenbarung der Sura 66, Aya 1 -5:

„O Prophet! Warum verbietest du dir das, was Allah dir erlaubt hat! Um damit deinen Gattinnen einen Gefallen zu erweisen? Allah ist Allverzeihend, Barmherzig. Allah hat euch schon gezeigt, wie ihr euch von euren Gelübden löst (wenn sie sinnlos oder schädlich sind), und Allah ist euer Beistand. Und Er ist der Allwissende, der Allweise. Als der Gesandte einer seiner Frauen vertraulich etwas mitteilte, und sie es dann preisgab und Allah es ihm mitteilte, da enthüllte er einen Teil davon, und verschwieg den anderen Teil. Als er ihr vorhielt, sprach sie. „Wer hat dir dies mitgeteilt?“ Er antwortete: „Der Allwissende, der Allkundige hat es mir mitgeteilt.“ Wenn ihr euch reumütig zu Allah wendet, da eure Herzen von der Pflicht abgewichen sind (so ist es gut). Wenn ihr euch jedoch gegen ihn stellt, dann ist fürwahr Allah sein Beistand sowie Gabriel und die Rechtschaffenen unter den Überzeugten und überdies werden ihm die Engel den Rücken stärken. Vielleicht gibt sein Herr ihm, wenn er sich von euch scheidet, an eurer Stelle bessere Frauen, gottergebene, überzeugte, gehorsame, reumütige, Allah dienende, entsagungsbereite, jungfräuliche und nicht mehr jungfräuliche Frauen.“

Danach nahm der Gesandte Hafsa und die anderen Frauen wieder bei sich auf. Und während all der folgenden Ehejahre war Hafsa dem Gesandten in Wort und Tat treu ergeben und voll wahrer Friedfertigkeit. Damit herrschte auch im Hause von nun an Ruhe und Frieden.

Qur’an

Welcher Wertschätzung Hafsa sich innerhalb der Gemeinschaft erfreute, zeigt die Tatsache, dass nach dem Tod Muhammads der neugewählte Kalif Abu Bakr sie vor allen anderen Frauen, sogar vor ‘Aischa, auserwählte, das einzige authentische handgeschriebene Exemplar des edlen Qur’an aufzubewahren. Als der Gesandte gestorben war, fürchtete ‘Umar, dass auch die Schreibe des edlen Qur’ans, die seine Worte durch den Gesandten Muhammad festgehalten hatten, sterben können und mit ihnen die Worte Allahs verloren gehen könnten. Er riet daher dem Kalifen Abu Bakr, ein von allen Schreibern überprüftes und bestätigtes Exemplar des Qur’an sicherzustellen und aufbewahren zu lassen, damit es der Gemeinschaft nicht verloren ginge. Der Kalif vertraute daraufhin Hafsa dieses Exemplar an, und es blieb die beiden ersten Kalifate hinweg in ihrem Gewahrsam, bis in die Zeit des dritten Kalifen ‘Usman. Als in der Zeit ‘Usman verschiedene Fassungen des Qur’an auftauchten, forderte er alle Überzeugten auf, ihm sämtliche vorhandene Niederschriften des Qur’an vorzulegen. Auch Hafsa übergab das von ihr aufbewahrte Exemplar. Eine durch den Kalifen eingesetzte Kommission Qur’angelehrter und Schreiber überprüfte alle Fassungen auf ihre Richtigkeit anhand des Exemplars von Hafsa. Von diesem Exemplar wurden noch drei Abschriften angefertigt und zum Aufbewahren verteilt. Um den Qur’an rein und unverfälscht zu erhalten, wurden danach alle anderen Handschriften vernichtet. Die islamische Gemeinschaft besitzt also von Anfang an den bis heute erhalten gebliebenen Qur’an, welcher seither als „Mushaf ‘Usman“ d.h. der „Usmanische Qur’an“, bezeichnet wird.

Die letzten Jahre ihres Lebens verbrachte Hafsa im Dienste Allahs, fastend und betend. Als der Verfolgungskampf aufbrach und zahlreiche Muslime den Kalifen ‘Usman töten wollten, bildete sich ein großes Heer gegen ihn. ‘Aischa erklärte sich bereit, an diesem Feldzug teilzunehmen und forderte sogar Hafsa auf, sich ebenfalls daran zu beteiligen. Hafsa sagte zu, um ‘Aischa einen Gefallen zu erweisen, da sie immer einander verbunden gewesen waren. ‘Abdullah, der Bruder Hafsas, riet jedoch seiner Schwester ab, mit diesem Heer auszuziehen, und sie folgte seinem Rat. Hafsa starb am Ende der Regierungszeit des Kalifen ‘Usman oder in den ersten Jahren der Herrschaft Mu’awiyas. Nach at-Tabariy[6] ist sie im Jahre 41 n.H. gestorben, während sie nach Alwakidiy[7] im Monat Scha’ban des Jahres 45 n.H. verstorben ist. Sie wurde ebenfalls wie die anderen Mütter der Überzeugten auf dem Friedhof al-Baqi‘ begraben. Dieser Friedhof der Mütter der Überzeugten existiert bis heute. In die Geschichte des Islam geht Hafsa als die Wahrerin des authentischen Exemplars des edlen Qur’an, des größten Buches des Arabischen und des einzigen Wunders des Islam ein.


Vorbildfunktion

Der Ehe zwischen Muhammad und Hafsa verdanken wir u.a. folgende Werte:

1. Wiederrum heiratete der Gesandte eine Witwe.
2. Niemand sollte sich scheuen, auch über religiöse Inhalte zu diskutieren, wenn Hafsa sich nicht scheute, selbst dem Gesandten zu wiedersprechen bzw. eine Frau ihrem Mann widersprach.
3. Wiederum ist es eine Frau, die eine der wichtigsten Quellen des Islams schützte: Nach ‘Aischa, die die meisten Ahadith (Aussprüche des Gesandten) überlieferte, verdanken wir der Sorgfalt Hafsas, den Originalqur’an!


[1] Bint asch-Schati‘, S. 105.

[2] Geschichte des at-Tabariy, Band 3, S. 177.

[3] Sahabi: Gefährte; das Wort bedeutet „in Begleitung sein“ und wird als Bezeichnung für diejenigen, die Muhammad, den Gesandten, seit Beginn der Offenbarung begleiteten und ihm zur Seite standen, verwendet.

[4] Geschichte des at-Tabariy, Band 3, S.9, in: Bint asch-Schati‘, S. 108.

[5] Ibn Haadschar, al-Isabah, Band 8, S. 52, in: Bint asch-Schati‘, S. 112.

[6] at-Tabariy, as-Samt ath-Thamin, S. 85, in: Bint asch-Schati’.

[7] Ebenda, S. 86.

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