Umm Salama – die sechste Ehefrau des Propheten

 

Leitspruch

„Als der Gesandte, Allahs Segen und Frieden seien über ihm, Umm Salama heiratete, war ich sehr traurig, da uns von ihrer Schönheit berichtet worden war. Ich habe es erdulden müssen, bis ich sie sah. Ich fand sie noch schöner, als sie uns beschrieben worden war.“ (‘Aischa) [1]

Dieser Ausspruch zeigt die Vorstellung ‘Aischas, Allahs Wohlgefallen auf ihr, über die neue Ehefrau des Gesandten, Allahs Segen und Friede auf ihm.

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Vorgeschichte

Das Haus Saynab bint Husaymas, der Mutter der Armen, blieb nach ihrem Tod nicht lange verwaist. Nach ihr fand Umm Salama, Allahs Wohlgefallen auf ihr, darin Aufnahme. Umm Salama, mit dem Mädchenname Hind, war die Tochter des Abu Umayya, Sohnes des al-Mughira, Sohnes des ‘Abdullah, Sohnes des ‘Amr, Sohnes des Mahsum aus dem Stamme Quraisch. [2]


Herkunft

Umm Salamas Vater gehörte zu den berühmten und edlen Männern aus dem Stamme Quraisch und trug den ehrenden Beinamen „Sadur-Rakb“, was heißt: Einer, der immer Nahrungsmittel für sich und seine Begleiter hat, wenn er auf Reisen ist. Mit diesem Spitznamen wurde auf seine Großzügigkeit hingewiesen, und zwar allen gegenüber, die um ihn waren.

Ihre Mutter ‘Atiqa war die Tochter des ‘Amer, Sohnes des Rubai’a, Sohnes des Maalik aus dem Stamme Kinana. Umm Salama war zuvor mit ‘Abdullah, Sohn des ‘Abdul-Asad, Sohn des Hilal, Sohn des ‘Abdullah, Sohnes des Mahsum verheiratet gewesen. ‘Abdullah zählte zu den Gefährten des Gesandten (=Sahabi) und hatte bereits an den beiden Emigrationen der Muslime, nach Abessinien und Madina, teilgenommen. Er war ein Cousin Muhammads durch seine Tante Burah, die Tochter ‘Abdul-Muttalibs, des Sohnes des Hischaam, des Großvaters des Gesandten. Zugleich war er auch ein Milchbruder Muhammads.[3] Nach seinem Sohne, der ihm und seiner Frau während der ersten Emigration der Muslime nach Abessinien geboren wurde, nannte man ihn später Abu Salama. Mit der Geburt des Sohnes erhielt sie ebenso den Beinamen Umm Salama, wodurch ihre ehrenvolle Stellung als Mutter zum Ausdruck kommt.


Arge Verfolgung der Mekkaner

Als Abu Salama mit seiner Frau und seinem Sohn vor der Verfolgung der Mekkaner fliehen wollte, kam es zu einem tragischen Zwischenfall, dessen Auswirkungen teilweise bis zum heutigen Tage schmerzlich erkennbar sind. Hierüber berichtete Umm Salama: „Als mein Mann sich zur Emigration nach Madina entschloss, begegnete uns am dem Tage, da wir abreisen wollten, eine Gruppe von meinem Stamme al-Mughira und richtete ihre Rede an meinen Mann: ‚Es ist diese, deine Person, gegen die wir nichts tun können. Nun siehst du aber unsere Gefährtin (wobei sie mich meinten). Warum sollen wir dich mit ihr überall im Lande reisen lassen? Danach zogen sie die Zügel meines Kamels von seiner Hand und nahmen mich fest zur ihrer Seite. Darüber ärgerte sich eine Gruppe vom Stamme meines Mannes ‘Abdul-Asad. Sie zogen meinen Sohn Salama zu sich und sprachen die Gruppe meines Stammes an: ‚Bei Allah, wir werden ihren Sohn nicht bei ihr lassen, wenn ihr sie von unserem Gefährten wegnehmt.‘ So zerrten beide Gruppen an meinem Sohn, bis sie im dem Arm aus dem Gelenk gerissen hatten! Daraufhin nahm die eine Gruppe, die des Vaterstammes, Salama mit und die andere Gruppe meines Stammes nahm mich mit. Mein Ehemann Abu Salama durfte nach Madina weiterreisen, während ich und Salam, jeder für sich, von ihm getrennt waren. Ich bin jeden Tag hinausgegangen, um zu weinen, bis die Nacht kam, Tag für Tag, fast ein ganzes Jahr lang. So fand mich eines Tagen einer meiner Onkel von dem Stamme al-Mughira, sah mein Elend und hörte meine Geschichte. Daraufhin sprach er mit dem Stamme al-Mughira und legte solange ein gutes Wort für mich ein, bis mein Stamm mich endlich freigab, und ich somit zu meinem Mann zurückfahren konnte. Als der Stamm Banu ‘Abdul-Asad hiervon erfuhr, gab auch er mir meinen Sohn Salam zurück. Gleich danach verließ ich mit ihm Mekka und eilte meinem Mann nach Madina nach.“[4]

Nach diesem schweren Erlebnis kam Umm Salama als erste Frau in Madina an. Sie gehörte, ebenso wie ihr Mann, zu den ersten Emigranten der Muslime nach Abessinien.

Umm Salama lebte nun mit ihrem Mann in Madina und schenkte ihm noch einen Sohn und zwei Töchter.

Während sich Umm Salama um die Betreuung ihrer Kinder kümmerte, sah ihr Mann seine Aufgabe im Islam und kämpfte an hervorragender Stelle gegen die Ungläubigen.


Stellung Abu Salamas zum Gesandten

Welche Bedeutung Abu Salam zukommt, sieht man daran, dass der Gesandte, als er die Schlacht von al-’Aschira im Jahre zwei n.H. führte, Abu Salama von all seinen Gefährten in Madina aussuchte, um als sein Stellvertreter zurückzubleiben.[5] Auch kämpfte Abu Salama mit dem Gesandten in der großen Schlacht von Badr, bei der ihm 314 Krieger unterstellt waren. In dieser Schlacht erlangten die Muslime den Sieg über eine dreifache Übermacht Nichtgläubiger. Es war auch der erste Sieg des Monotheismus über das Heidentum. Zwei Monate nach der Schlacht von Uhud brachte der Gesandte in Erfahrung, dass der Stamm ‘Abdul-Asad gegen ihn und seine Gemeinde in Madina den Kampf vorbereite. Daraufhin beauftragte der Gesandte Abu Salama – als besten Beweis seines Vertrauens, da er selbst aus diesem Stamme kam – ein Überraschungsangriff gegen den Stamm ‘Abdul-Asad zu führen. Abu Salama und mit ihm 150 Mann der Muslime Medinas, darunter ‘Ubaida ibn al-Dscharrah und Sa’d ibn Abi Waqqas, führten diesen Plan aus und erlangten einen großen Sieg für den Islam. Dieser Sieg war von um so größerer Bedeutung, da die Muslime gerade die vorausgegangene Schlacht von Uhud verloren hatten. In dieser Schlacht von Uhud war Abu Salama verwundet worden, ebenso in der Schlacht gegen den Stamm ‘Abdul-Asad. Er litt sehr unter den Folgen dieser Verwundungen und starb schließlich daran, während der Gesandte bei seinem treuen Gefährten am Sterbebett weilte und für ihn betete. Über den gestorbenen Gefährten rief Muhammad beim Totgengebet Allah neunmal an, während die übliche Zahl nur dreimal ist. Daher fragten ihn später die Muslime, ob er dies vergessen hätte oder ob er in diesem Augenblick nicht daran gedacht habe. Der Gesandte antwortete ihnen: „Weder habe ich es vergessen, noch habe ich an das Gebot gedacht. Wenn ich über ihm tausendmal gebetet hätte, hätte er es auch verdient!“[6] Abu Salama ließ seine Frau Hind mit vier Kindern zurück.

Heirat

Nachdem die Trauerzeit vorüber war, bot zunächst Abu Bakr Umm Salama die Ehe an. Doch lehnte Umm Salama sein Angebot mit höflichen Worten ab. Nach Abu Bakr bot auch ‘Umar ibn al-Khattab ihr an, sie zu heiraten. Auch sein Angebot lehnte sie höflich ab. Danach nahm sich der Gesandte der Sache an, um sie und ihre Kinder zu versorgen und ihr dadurch seinen Schutz angedeihen zu lassen. Der Gesandte schickte ihr eine Botschafterin, die eine Verlobung zwischen ihm und Umm Salama vermitteln sollte.

Obwohl dieser Vorschlag ihren inneren Wünschen entgegenkam, ließ sie Muhammad nach reiflichen Überlegungen übermitteln, sie sei in fortgeschrittenem Alter, habe vier Kinder und wisse nicht, wie sie neben seinen anderen Ehefrauen, ‘Aischa und Hafsa, leben sollte, da sie von Natur aus eifersüchtig sei.

Der Gesandte ließ ihr folgende Antwort überbringen: „Auch wenn du in fortgeschrittenem Alter bist, so bin ich doch älter als du. Die Eifersucht wird aber Allah von dir nehmen. Deine Kinder jedoch sollen Allah und seinem Gesandten gehören.“[7]

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Ehe

Auf dieser Grundlage gingen Umm Salama und der Gesandte die Ehe ein, und zwar in dem Monat Schawwal des vierten Jahres n.H.[8] Umm Salama trat in das Haus des Gesandten ein und wurde zunächst von den anderen Ehefrauen freundlich empfangen. ‘Aischa und Hafsa, die sie voller Ungeduld erwartet hatten, konnten anfangs vor ihr ihre wahren Gefühle verbergen. Doch lange vermochte ‘Aischa ihre Ängste nicht zu verbergen, deshalb vertraute sie Hafsa ihre Furcht vor Umm Salama an, und gestand ihr ein, dass sie sie schöner finde als sie gehört und erwartet habe. Diese Situation ist uns in den Worten ‘Aischas selbst überliefert worden (vergleiche den einleitenden Spruch). Hafsa antwortete ‘Aischa: „Sie ist nicht (so schön) wie man sagt, und dazu ist sie alt.“ ‘Aischa sagte: „Dies überzeugte mich zwar, trotzdem aber war ich eifersüchtig.“[9]

Umm Salama führte ihr Leben im Hause des Gesandten mit großer Achtsamkeit gegenüber den anderen Ehefrauen einerseits und dem Gesandten selbst andererseits. Umm Salama ließ ihre jüngste Tochter von einer Amme betreuen, um den Gesandten größere Aufmerksamkeit schenken zu können, da ‘Ammar ibn Yasir ihr dies angedeutet hatte. Zuvor hatte der Gesandte ihren Sohn Salam mit der Tochter seines Onkels Hamsa verheiratet.


Stellung Umm Salamas zu den anderen Frauen

Um die Stellung Umm Salamas gegenüber den anderen Ehefrauen – insbesondere ‘Aischa und Hafsa – zu verstehen, muss man wissen, dass sie ebenfalls aus einem großen und vornehmen Hause stammte. Sie war angesehen, auch durch ihre erste Ehe mit einem Manne, der für den Islam von großer Bedeutung war. Weiteren Respekt hatte sie erworben durch ihre Beteiligung an den beiden Emigrationen der Muslime. Sie war zudem die erste weibliche Emigrantin nach Abessinien und auch nach Madina. Darüber hinaus wurde sie durch die Ehe mit dem Gesandten weiter erhöht, was auf ihre Persönlichkeit nicht ohne Wirkung blieb. Sie war sehr stolz und zugleich auch mutig, denn sie vertrat immer offen ihre Überzeugungen. Auch ließ sie sich von ‘Aischa nicht alles sagen, und stand in einigen Fällen auch in Opposition zu ihr. Einst wandte sie sich darüber hinaus gegen ‘Umar ibn al-Khattab, als er über die Ehefrauen des Gesandten, unter ihnen seine Tochter Hafsa, etwas Ungünstiges sagte: „Ich bin erstaunt, o du Sohn al-Khattabs, dass du dich in alle Angelegenheiten zwischen dem Gesandten und seinen Frauen mischt.“[10]


Stellung Umm Salamas zum Gesandten

Im Laufe ihres Lebens mit dem Gesandten erhöhte sich ihre Stellung, indem der Gesandte sie und ihre Tochter Saynab als Familienangehörige (Ahl al-Bait) anerkannte, was sogar im Qur’an bestätigt wurde.[11] Damit setzte der Gesandte sie und ihre Tochter seinen Blutsverwandten gleich. Saynab ist unter der Betreuung des Gesandten aufgewachsen und wurde deshalb eine der besten Gelehrtinnen ihrer Zeit. Bevor Muhammad Umm Salama geheiratet hatte, empfing er seine Offenbarungen durch den Engel Dschibril vornehmlich im Hause ‘Aischas. Doch jetzt kam es auch zur Offenbarung im Hause Umm Salamas.[12] Dadurch wuchs die Stellung Umm Salamas nochmals. Auch dies war sicher ein Anlass für die zunehmende Eifersucht ‘Aischas Umm Salama gegenüber. Die Bedeutung Umm Salamas für Muhammad erkennt man des Weiteren daran, dass sie ihn auf seiner wichtigsten Reise nach Mekka im Jahre sechs n.H. begleitete und eine große Rolle dabei spielte. Anlass dieser Reise war Muhammads Wunsch, für sich und seine Gemeinde eine Pilgerfahrt nach Mekka zu unternehmen. Der Gesandte rief seine Gemeinde dazu auf und eine große Anzahl der Muslime folgten seinem Ruf. Um vor al-Ka’ba zu opfern, nahm fast jeder Muslim ein Opfertier mit sich. Der Gesandte hoffte, dass die Mekkaner, und unter ihnen die Quraischiten, ihn und seine Gemeinde die Stadt betreten lassen würden, um zu al-Ka’ba zu pilgern. Da die Mekkaner dieses jedoch ablehnten, blieb der Wunsch auch in diesem Jahr unerfüllt. Nach langen Verhandlungen mit den Mekkanern wurde endlich ein Versöhnungsabkommen ausgehandelt, welches als Sulh al-Hudaibiya bezeichnet wird.

Sulh al-Hudaibiya (Der Friedensvertrag von Hudaibiya)

Die Vereinbarung von al-Hudaibiya wurde als großer Erfolg für die Zukunft des Islam und die Muslime gewertet, was die Muslime, die sich auf der Reise mit Muhammad befanden, jedoch damals nicht einsehen konnten und wollten. Sie waren mit der Versöhnung, die der Gesandte mit den Mekkanern ausgehandelt hatte, nicht zufrieden und sie waren auch nicht bereit, den Vertrag anzunehmen, weil ihnen der Zutritt zu al-Ka’ba auf Grund dieses Abkommens für noch ein weiteres Jahr verwehrt bleiben sollte. Außerdem verstanden sie nicht, weshalb sie mit großer Streitmacht vor Mekka aufgezogen waren und nun unverrichteter Dinge umkehren sollten. Sie hatten erwartet, dass der Gesandte sie gegen die Mekkaner führen würde, um Mekka zu betreten. Da dieses nun doch nicht geschehen sollte, waren die Muslime nicht mit der Vereinbarung einverstanden und äußerten sich untereinander in großer Aufregung dagegen.

Selbst ‘Umar Ibn al-Khattab sprach zu Abu Bakr: „Ist er nicht der Gesandte Allahs?“ Abu Bakr erwiderte: „Ja“. ‘Umar sprach weiter: „Sind wir nicht die Muslime? Und sind sie nicht die Heiden?“ Abu Bakr erwiderte erneut: „Ja“. Daraufhin fragte ‘Umar weiter: „Warum sollen wir das Niedrigste für unsere Religion opfern?“ (damit ist gemeint: Warum sollen wir nicht das höchste Ziel für unsere Religion erreichen, nämlich des Märtyrertum?) Abu Bakr sprach daraufhin zu ‘Umar: „Ich bezeuge, dass er der Gesandte Allahs ist.“

Damit ermahnte Abu Bakr ‘Umar, an dem Gesandten Allahs und seinen Weisungen festzuhalten. Da ‘Umar nach wie vor nicht überzeugt war, ging er daraufhin zum Gesandten selbst und wiederholte vor ihm die Worte, die er Abu Bakr gesagte hatte. Als er dem Gesandten die letzte Frage, die Frage nach dem Vertrauen in der Religion, gestellt hatte, sprach der Gesandte: „Ich bin Allahs Diener und sein Gesandter, ich widerspreche keinem seiner Befehle! Allah wird mich nicht fehlgehen lassen!“[13] Da viele der Muslime unruhig waren, vermahnen sie nicht diese Antwort des Gesandten.

Die Situation war nicht ungefährlich, da der Gesandte nun schon zum dritten Mal einen Befehl gegeben hatte, ohne dass ihm seine Anhänger Folge leisteten. Da die Gemeinde mit dem Gesandten Mekka in diesem Jahr aufgrund des ausgehandelten Abkommens noch nicht betreten durfte und infolgedessen ihre Schlachttiere vor al-Ka’ba nicht geopfert werden konnten, hatte der Gesandte die Weisung gegen, sie an Ort und Stelle zu schlachten und sich der Zeremonie gemäß das Haar scheren zu lassen, wie es die Pilgerfahrt nach Mekka vorschreibt. Keiner jedoch war dieser Aufforderung gefolgt. In seiner Sorge wandte sich Muhammad an Umm Salama und erzählte ihr, was geschehen war.

Umm Salama spielte in dieser angespannten Situation eine erhebliche Rolle, weil sie dem Gesandten den klugen Rat gab: „O du Gesandter Allahs, willst du das so haben, dass sie deiner Weisung folgen? Gehe selbst hinaus, und sprich mit keinem ein Wort bist du dein Schaf geschlachtet hast; rufe dann deinen Friseur, um dir dein Haar scheren zu lassen.“ Der Gesandte folgte ihrem Ratschlag. Jetzt endlich folgte die Gemeinde seinem Beispiel, alle schlachteten ihre Schafe und schnitten sich gegenseitig das Haar – vor den Toren Mekkas.[14]

Gerade dieses Beispiel verdeutlicht unter anderem die Haltung des Islam gegenüber der politischen Betätigung von Frauen. Entgegen dem weitverbreiteten Vorurteil, Politik sei im Islam Männersache, da Frauen angeblich aus den unterschiedlichsten Gründen in diesem Gebiet nicht kompetent seien, hat der Gesandte Muhammad schon vor 1400 Jahren auf beste Art und Weise verdeutlicht, dass Frauen selbstverständlich auch im politischen Bereich Mitspracherecht haben, für manche sogenannte „islamische Länder“ ist dies heute fast unvorstellbar. Gerade hier zeigt sich wieder einmal, wie sehr sich die Praxis der Muslime von der Wirklichkeit des Islam unterscheidet.

Erst später begriffen die Muslime, dass dieses Versöhnungsabkommen zwischen Mekka und Madina einer der wichtigsten Bausteine des Islam war, welches sie durch ihre Ungeduld beinahe auf Spiel gesetzt hätten. Denn es gab wohl kaum einen wichtigeren Erfolg als diesen: in der Auswirkung dieses Abkommens traten dem Islam so viele Menschen bei, dass sich dessen Anhängerzahl dadurch mehr als verdoppelt hatte.

Umm Salama begleitete den Gesandten auch in der Schlacht gegen die Juden in Chaibar, einem Ort nahe bei Madina, bei der Einnahme Mekkas sowie auch bei der späteren Belagerung des starken Widerstandes von at-Ta’if.[15]

Auch begleitete sie den Gesandten in den folgenden Schlachten gegen Chawasim und Saqif, bis sie noch im selben Jahre 8 n.H. mit ihm nach Madina zurückkehrte.

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Kurz nach ihrer Rückkehr schenkte Maria dem Gesandten einen Sohn, der den Namen Ibrahim erhielt. Dies verursachte bei Umm Salama sowie bei allen anderen Ehefrauen des Gesandten heftige Eifersucht gegen Maria, die dadurch allein dem Gesandten eine große Freude übermittelt hatte. Erst zu diesem Zeitpunkt taten sich Umm Salama und ‘Aischa gegen Maria zusammen. Dieses Zusammentun aller Ehefrauen gegen Maria war zusammen mit den schon genannten Gründen im Kapitel über ‘Aischa, einer der Auslöser der einen Monat andauernden Trennung des Gesandten von seinen Ehefrauen. Es trat erst wieder Frieden im Hause des Gesandten ein, nachdem sich Muhammad mit seinen Ehefrauen versöhnt hatte, und sie ihre Lehre aus diesem Vorfall gezogen hatten. Als der Gesandte bald darauf in schwere Krankheit verfiel, betreute in ‘Aischa aufopfernd, was auch Umm Salama sowie die anderen Ehefrauen gerne getan hätten.

Nachdem der Gesandte gestorben war, führte Umm Salama in der islamischen Gemeinde ein bescheidenes und frommes Leben, in der Nachfolge des Gesandten. In dem „Nachfolgekampf“ zwischen ‘Ali ibn Abi Talib und Mu’awiya ibn Abi Umayya, an dem sie sich den Geboten des Gesandten nach nicht beteiligen durfte, stand Umm Salama auf der Seite ‘Alis, allerdings nahm sie persönlich nicht aktiv an der Auseinandersetzung teil. Ihr Sohn ‘Umar kämpfte jedoch an der Seite ‘Alis. Denn zu dieser Zeit trugen die Ehefrauen des Gesandten den Titel „Mütter der Überzeugten“ und waren damit geheißen, sich streng an die Gebote des Qur’an zu halten. Als Umm Salama hörte, dass ‘Aischa persönlich am Kampf gegen ‘Ali teilnehmen wollte, ging sie direkt zu ihr und redete mit tiefem Ernst auf sie ein: „Was für ein Heraustreten (aus dem Hause) ist dies, was du dich zu unternehmen anschickst (in dem persönlichem Auftreten im Kampf gegen ‘Ali)? Allah steht über dieser Gemeinde, Allahs Willen geschieht ohne unser Zutun. Würde ich (an deiner Stelle mit einem Heer) ausziehen, so würde ich, wenn ich ins Paradies (Firdaus) komme, mich schämen, Muhammad dort zu begegnen, weil ich hier gegen seine Gebote verstoßen hatte.“[16]

‘Aischa hörte nicht auf ihre Worte und ließ sich nicht von ihren Absichten abbringen. So lebte Umm Salama weiter, bis auch diese schwere Prüfung für sie und die gesamte islamische Gemeinde („Ma’saat Karbala“ und das Blutbad der Verwandten des Gesandten) vorüber war. Sie litt stark mit den Muslimen unter dieser Situation, und nach einem Bericht verstarb Umm Salama nachdem sie die Todesnachricht von al-Hussain, dem Sohne von ‘Ali ibn Abi Talib, dem Enkel des Gesandten, bekommen hatte. Dies war im Jahre 61 n.H. über den genauen Zeitpunkt ihres Todes gibt es unterschiedliche Berichte. Nach einem anderen Bericht lebte sie noch ein Jahr und starb, als Yasid ibn Mu’awiya sein Heer für die Vernichtung der Angehörigen ‘Alis in Madina gebildet hatte.[17]

Umm Salama starb als letzte der Ehefrauen des Gesandten. Abu Huraira, der Gefährte Muhammads, betete über ihr, wie er zuvor über ‘Aischa gebetet hatte. Und so ward sie gleich den anderen Müttern der Überzeugten in al-Baqi‘ begraben. Sie hinterließ der islamischen Geschichte ein treues, opferndes und frommes Vorbild.


Vorbildfunktion

Umm Salama war eine stolze, treue und überaus fromme Muslima, die aufgrund ihrer besonderen Kenntnisse (konnte den Qur‘an auswendig), im Haus des Gesandten auch Vorbeterin war.
Die Ehe zwischen Muhammad und Umm Salama vermittelt uns u.a. folgende Erkenntnisse:
1. Es ist durchaus statthaft, verwandtschaftlich nahe stehende Partner z.B. den Cousin/die Cousine zu heiraten
2. Auch Frauen können einer Gemeinschaft von Frauen vorbeten
3. Die Meinung und Beratung einer Frau sollte geschätzt werden, so wie sie der Gesandte wertgeschätzt hat


Fußnoten:
[1] Ibn Haadschar, Band 8, S. 241, in: Bint asch-Schati‘, S. 123.

[2] Ibn Hischaam, as-Sirah, Band 1, S. 345, und Band 4, s. 294, sowie in der Geschichte des at-Tabariy, Band 3, S. 177, in: Bint asch-Schati‘, S. 124.

[3] Ibn Hischaam, Band 3, S. 102 in: Bint asch-Schati‘, S. 125.

[4] Ibn Hischaam, Band 2, S. 112 und IbnHaadschar, Band 8, S. 240 in: bint asch-Schati‘ S. 127.

[5] Ibn Hischaam, Band 2, s. 248 in: Bint asch-Schati‘, S. 127.

[6] Geschichte des at-Tabariy, Band 2, S. 177.

[7] Bin asch-Schati‘, S. 129.

[8] Ibn Haadschar, Band 8, S. 241, in: Bint asch-Schati‘, S. 129.

[9] Ebenda.

[10] Bint asch-Schati‘, s. 130.

[11] Belegstelle der Offenbarung: Qur’an 9:112.

[12] Ibn Hischaam, Band 3, S. 131.

[13] at-Tabariy, Die Geschehnisse des Jahres 6 n.H., in: Bint asch-Schati‘, S. 133.

[14] at-Tabariy, Die Geschehenisse des Jahres 8 n.H., in Bint asch-Schati‘, S. 134.

[15] Ibn Haadschar, Band 8, S. 241, in: Bint asch-Schati‘, S. 135.

[16] Metaphorisch gemeint: die Frauen des Gesandten sollen sich des öffentlichen politischen Lebens nach seinem Tod enthalten. Dies bezieht sich allerding nur auf die Ehefrauen des Gesandten und gilt nicht für alle muslimische Frauen, so wie ebenso ausschließlich die Ehefrauen des Gesandten nach dessen Tod keinen anderen Mann mehr heiraten durften.

[17] Vgl. Bint asch-Schati‘, S. 135.

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