Trauerfeier für Marwa : Fotobericht
Weit mehr als tausend Trauergäste versammeln sich vor der Goldenen Pforte des Dresdner Rathauses. Viele legen eine weiße Rose nieder für die Ägypterin Marwa al-Sherbiny. Sie war am Mittwoch vorvergangener Woche im Dresdner Landgericht vor den Augen ihres Ehemannes und ihres drei Jahre alten Sohnes von einem Russlanddeutschen mit 18 Messerstichen getötet worden war.
Es war eine bestialische Tat. Und das durch sie verursachte menschliche Leid ist kaum zu ermessen. Und doch hätten sich all diese Menschen wohl kaum nur deshalb auf den Weg zur Trauerfeier gemacht. Zumindest die Spitzen der Politik, unter ihnen SPD-Chef Franz Müntefering und Ägyptens Botschafter Ramsi Ess Eldin Ramsi, treibt auch die Sorge um das Verhältnis zu den Muslimen. Denn zu viel ist in den vergangenen Tagen passiert, das sie nachdenkliche stimmte.
Weltweit haben Muslime auf den Fall reagiert. Sie demonstrierten in der ägyptischen Hafenstadt Alexandria und in der iranischen Hauptstadt Teheran gegen ein angeblich islamfeindliches Deutschland. Sie riefen „Nieder mit Deutschland!“ und „Wir wollen Vergeltung.“ Sogar der Koordinierungsrat der Muslime nannte Marwa al-Sherbiny ein Opfer der Islamophobie in Deutschland.
Die Geschichte kürzlich :
Die Tat geschah am 1. Juli im Dresdner Landgericht. Der Deutsch-Russe Alexander W., 28, soll das Opfer 2008 auf einem Spielplatz als „Islamistin“, „Moslemschlampe“ und „Terroristin“ beleidigt haben. Kaum hatte Marwa al-Sherbiny dem Gericht den Vorfall geschildert, stürzte Alexander W. sich mit einem Messer auf sie und stach innerhalb von 30 Sekunden 18 Mal zu. Auch der seiner schwangeren Frau zu Hilfe geeilte Ehemann wurde vom Täter verletzt und von einem Polizisten durch einen Schuss schwer verwundet.
Neben dem Generalsekretär des Zentralrats der Muslime, Aiman Mazyek, sind auch Sachsens Justizminister Geert Mackenroth (CDU) und Wissenschaftsministerin Eva-Maria Stange (SPD), Dresdens erster Bürgermeister Dirk Hilbert (FDP) sowie viele Freunde der Familie gekommen. Gemeinsam legen sie eine Schweigeminute ein, und es wird für kurze Zeit totenstill auf dem Platz vor dem Rathaus. Dass die Trauerfeier stattfinde, „sei ein wichtiges Zeichen an die Familie und in die ganze Welt“, sagt Sebastian Vogel, der Vorsitzende des Ausländerrates, der zusammen mit ägyptischen Studenten der TU Dresden, der Stadt und anderen Organisationen zu der öffentlichen Zeremonie aufgerufen hat.
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Solidaritätsbekundung in Iran
Regierungstreue iranische Studenten protestierten am Samstag in Teheran gegen den Umgang mit Muslimen in der Bundesrepublik. Vor der deutschen Botschaft versammelten sich am Vormittag etwa 70 Menschen, um ihren Unmut über die Tat kundzutun. In einem Leitartikel forderte die erzkonservative Tageszeitung "Kejhan" (Samstag) die Ausweisung aller deutschen Botschafter in der islamischen Welt.
Der Zentralrat der Muslime forderte von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) ein deutliches Signal gegen Islamfeindlichkeit in Deutschland. Sie möge sich "auch bitte direkt an die mehr als vier Millionen Muslime hierzulande wenden und den brutalen rassistischen Mord aus islamfeindlichen Motiven verurteilen", sagte Generalsekretär Aiman Mazyek dem Berliner "Tagesspiegel am Sonntag". Versteckte und offene Islamphobie existiere in Deutschland bereits seit längerem, sagte Mazyek in Dresden. "Die Tat des Kopftuchmörders offenbart nur eine neue Dimension." (dpa)
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ولا تحسبن الذين قتلوا في سبيل الله أمواتا بل أحياء عند ربهم يرزقون
Und meine ja nicht, diejenigen, die auf Allahs Weg getötet worden sind, seien (wirklich) tot. Nein! Vielmehr sind sie lebendig bei ihrem Herrn und werden versorgt. (Koran, Sure 3 : 169)
„Unsere geliebte Schwester Marwa ist eine Märtyrerin, denn sie starb für ihre Religion (Islam)“, steht auf einem Transparent, das ein Student aus Jordanien vor dem Dresdner Rathaus in der Hand hält. An der Wand des Rathauses hängen große Bilder des Opfers. „Ich kann nicht verstehen, dass ein Mensch aus einem anderen Kulturkreis einfach ausgelöscht wird“, sagt eine Rentnerin. Auch eine Gruppe Vietnamesinnen bringt Blumen, um ihre Trauer zu zeigen und ihre Hoffnung, „dass so etwas nicht wieder passiert“.
Marwa ist inshaallah - so Gott will - nicht umsonst gestorben, wenn...
… wenn es das erste und das letzte Mal war, dass Hetze gegenüber dem Islam und den Muslimen zum Tode eines Menschen führt.
… wenn Deutschland lernt zu unterscheiden, zwischen kritischem Diskurs zum Islam vs. Pseudo-Aufklärung und Islam-Hetze
… wenn wir lernen, dass Hetze und Hass egal auf welcher Seite zu nichts als Leid führt
… wenn Muslime als Terroristen beschimpft werden, es nicht einfach so stehen bleiben darf
… wenn die Muslime sich nicht abschrecken lassen, sich weiter friedlich in diesem Land einzubringen und sich zu engagieren
… wenn die Muslime die Mutter, Ehefrau und Pharmazeutin Marwa als Vorbild erkennen, denn sie war integriert, engagiert und gebildet
...wenn die Gesellschaft zukünftig das Phänomen Islamfeindlichkeit ernster nimmt, verlässliche Statistiken über islamfeindliche Straf- und Gewalttaten zu erfasst und vor allem im Wahlkampf keine Ausländerhetze betreibt
… wenn wir lernen, dass unsere deutsche Gesellschaft mit all mit all ihren Facetten nur auf der Basis des respektvollen, toleranten Miteinanders friedlich zusammenleben kann
Quellen: