Terrorangriff gegen Muslime in Neuseeland: Warnungen vor Islamfeindlichkeit

Terrorangriff gegen Muslime in Neuseeland

 

Bei einem Anschlag auf zwei Moscheen im neuseeländischen Christchurch waren am Freitag mindestens 49 Menschen getötet und 48 weitere verletzt worden. Der rechtsextreme Angreifer, ein Australier, filmte die Tat und übertrug sie live im Internet.

Türkei warnt vor Islamfeindlichkeit in Europa

Nach dem Anschlag auf zwei Moscheen in Neuseeland hat die türkische Regierung vor der Verbreitung von Hassbotschaften gegen Muslime in Europa gewarnt.

"Dieser terroristische Vorfall wurde nicht nur von seinen direkten Tätern verursacht, sondern auch von unverantwortlichen Politikern, die den Hass gegen Muslime schüren", sagte der türkische Außenminister Mevlüt Çavuşoğlu am Freitag in Brüssel. Hieraus gelte es auch für die EU und ihre Mitgliedstaaten "Lehren" zu ziehen.

"Die Hasstiraden gegen Muslime sollten nicht als Teil der Meinungsfreiheit betrachtet werden", sagte Çavuşoğlu. Er forderte die EU auf, "Maßnahmen gegen solche Hassreden zu ergreifen". Aus Sicht der Türkei werde in der EU die Meinungsfreiheit als "Deckmantel" benutzt, um "Hassreden gegen Muslime (...), unseren Propheten und unsere Religion zu decken". Wenn dies anhalte, "werden wir solche Angriffe nie verhindern."

EU

Die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini sagte bei einer Pressekonferenz mit dem Minister, es gebe leider in vielen Teilen der Welt Hassreden gegen bestimmte Gesellschaftsgruppen. Dies betreffe Muslime, aber auch Juden, Christen, Schwule und Lesben, sagte die Italienerin. Die EU schütze alle diese Gruppen, toleriere keine Hassbotschaften und stehe für Vielfalt in der Gesellschaft.

Koordinierungsrates der Muslime

„Dieser schreckliche Akt zeigt aber auch, wie weit Islamfeindlichkeit und antimuslimsicher Rassismus verbreitet ist und welche radikalen Ausmaße er angenommen hat“, sagte der Koordinierungsrates der Muslime (KRM) in einer Pressemitteilung.

Der KRM befürchte, dass dieser Anschlag zur Nachahmung motivieren könne und rufe daher zu mehr Wachsamkeit auf. „Die täglich beobachtbare Verrohung der Sprache bezüglich des Islam, die täglichen Angriffe auf Muslime und ihre Moscheen ist ein Zeichen für die hohe Wahrscheinlichkeit des Vorhandenseins von potenziellen Nachahmern. Wir sind besorgt und rufen zu mehr Wachsamkeit auf”, so der KRM weiter.

„Brutalität habe ein neues Hoch erreicht“

„Der 15. März 2019 wird als ein tiefschwarzer Tag für immer in Erinnerung bleiben. Die Schandtaten in Christchurch sind an Brutalität und Unmenschlichkeit nicht zu überbieten“, erklärt Kemal Ergün, Vorsitzender der Islamischen Gemeinschaft Millî Görüş (IGMG). Es sei höchste Zeit, den weltweit grassierenden Rechtsextremismus im Allgemeinen und die Islamfeindlichkeit im Besonderen ernst zu nehmen. Der Hass wird immer stärker und mündet zunehmend in Gewalt. Die IGMG beobachte eine allgemeine Gleichgültigkeit gegenüber Islamfeindlichkeit. „Aufmerksamkeit gewinnen solche Untaten nur, wenn die Brutalität ein neues Hoch erreicht hat, Menschen ermordet werden“, so Ergün weiter.

Auch der Vorsitzende des Islamrats, Burhan Kesici, äußerte sich zu dem Terroranschlag in Christchurch. „Wir trauern um die Toten und wünschen den Hinterbliebenen viel Geduld.“ Die unmenschliche Tat sei das Produkt einer krankhaften Islamfeindlichkeit. „Wir hoffen, dass sich die Verantwortlichen besinnen und für ein friedliches Miteinander intensiver einsetzen. Islamfeindlichkeit muss auf allen Ebenen bekämpft werden“, so Kesici.

Sicherheit der Moscheen und Muslime gewährleisten

Die DITIB zeigt sich schockiert über den Anschlag. „Dieser islamfeindliche Terrorakt ist höchstgradig verstörend für Moscheegemeinden weltweit. Daher sind die Sicherheitsbehörden weltweit in besonderer Verantwortung, die Sicherheit der Moscheen und Muslimen sicherzustellen“, fordert der DITIB-Bundesvorstand. Gerade in solchen schwierigen Zeiten sei gegenseitige Achtsamkeit, Empathie und gesellschaftliche Solidarität mit den Muslimen geboten, um die emotionale Sicherheit zu gewährleisten.

Auch der Zentralrat der Muslime in Deutschland verurteilte die Tat. „Die Toten und Verletzen in Neuseeland sind eine eindringliche Mahnung für uns, der wachsenden Islamfeindlichkeit in den Gesellschaften und der Hetze gegen Muslime entschiedener entgegenzutreten“, so der ZMD-Vorsitzende Aiman Mazyek.

Der Präsident der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich (IGGÖ) Ümit Vural veröffentlichte eine Videobotschaft. „Es ist schwer, die richtigen Worte zu finden. Aber gerade heute darf man nicht schweigen“, erklärt Vural.


Dunkelste Stunde für Neuseeland

Neben muslimischen Vertretern haben weltweit aus Politik und Religion am Freitag mit Bestürzung auf die Moschee-Anschläge in Neuseeland reagiert. Papst Franziskus verurteilte die Anschläge als „sinnlose Gewaltakte“. Er versichere alle Neuseeländer und „besonders die muslimische Gemeinde“ seiner Solidarität und bitte um Trost und Kraft für die ganze Nation, hieß es in einem vom Vatikan veröffentlichten Telegramm.

Premierministerin Jacinda Ardern nannte das Geschehen eine der „dunkelsten Stunden für Neuseeland“. „In Neuseeland gibt es keinen Platz für extreme Gewalt. So sind wir nicht“, sagte sie.

„Perfider Angriff“ auf Muslime

Auch in Deutschland sorgten die Taten für Betroffenheit. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier kondolierte der neuseeländischen Generalgouverneurin Patsy Reddy. Er habe das Land bei seinem Besuch 2017 als „außergewöhnlich weltoffen und gastfreundlich erlebt“, so Steinmeier. „Umso schwerer ist mein Herz in dieser dunklen Stunde Ihrer Nation.“

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) schrieb Premierministerin Ardern, es handle sich um einen „perfiden Angriff auf Betende und ihre Gotteshäuser“. Merkel weiter: „Der gegen muslimische Mitbürger gerichtete Anschlag ist auch ein Angriff auf die neuseeländische Demokratie und die offene und tolerante Gesellschaft.“

Begegnungen schaffen

Auch Die Stiftung gegen Rassismus und das Abrahamische Forum in Deutschland sprechen den Menschen und insbesondere den Muslimen in Neuseeland ihre Solidarität aus, vor allem den Familien und Freunden der Opfer des heutigen Anschlags. „Wir sollten in dieser Situation unsere Verbundenheit mit den Menschen in Neuseeland zum Ausdruck bringen. Dafür gibt es vielfältige Formen. Das kann durch Besuche bei den Freitagsgebeten erfolgen oder durch Gebete bei Gottesdiensten in Synagogen und Kirchen gerade während der Internationalen Wochen gegen Rassismus“ – so Jürgen Micksch, Vorstand der Stiftung gegen Rassismus.

 

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