Berlin erlaubt Beschneidung
Das Land sichert Straffreiheit für Eltern und Ärzte unter drei Bedingungen zu
Berlin verfolgt die Beschneidung von Jungen aus religiösen Motiven künftig nicht. Justizsenator Thomas Heilmann (CDU) stellte am Mittwoch die ab jetzt geltende Regelung vor. Die Beschneidung bleibt demnach straffrei, wenn drei Bedingungen erfüllt sind.
Die Eltern müssen dem Eingriff schriftlich zustimmen, die religiöse Notwendigkeit darlegen und die Operation muss medizinisch fachgerecht und möglichst schmerzfrei erfolgen. "Damit geben wir den Ärzten Rechtssicherheit", sagte Heilmann.
Das Kölner Landgericht hatte Ende Juni die Beschneidung von Jungen aus religiösen Motiven als Körperverletzung gewertet und damit großes Aufsehen erregt. Viele Krankenhäuser, darunter auch das Jüdische Krankenhaus in Berlin, hatten daraufhin die Beschneidungen gestoppt.
"Für uns stellen die Konsequenzen aus dem Kölner Urteil eine Katastrophe dar", sagte der Chefarzt des Jüdischen Krankenhauses, Kristof Graf. "Ich bin sehr zufrieden mit der Lösung." Das Jüdische Krankenhaus operiert jährlich 80 bis 150 Jungen. Vier von fünf Beschneidungen werden nach Angaben Grafs dabei an muslimischen Jungen vorgenommen. Er sei "dankbar", dass Berlin schnell eine Regelung getroffen habe, bevor der Bundesgerichtshof die Frage abschließend geklärt habe.
Nach Gesprächen mit dem Krankenhaus, dem Zentralrat der Juden und Vertretern der Muslime habe Generalstaatsanwalt Ralf Rother die neue Regelung ausgearbeitet, sagte Heilmann. "Ich habe die Hoffnung, in der schwierigen Übergangszeit eine gewisse Erleichterung zu erzielen", sagte Heilmann am Mittwoch.
Die Praxis garantiere eine maximale medizinische Versorgung. "Und es ist ein klares Signal, dass wir muslimisches und jüdisches Leben in der Stadt wollen", sagte Heilmann. Ziel sei es vor allem, die nach dem Urteil entbrannte Debatte zu versachlichen. Der Bundestag hat angekündigt, eine bundesweit geltende Regelung anzustreben. Baden-Württemberg hat eine ähnliche Regelung wie Berlin getroffen, andere Bundesländer keine eigene Rechtsvorschrift vorlegen.
Der Türkische Bund (TBB) zeigte sich am Mittwoch zufrieden. "Wir begrüßen die Ankündigung", sagte TBB-Vorstandssprecherin Ayse Demir. "Wir haben kein Problem damit, dass die Beschneidung unter medizinischen Standards und Narkose vorgenommen werden muss." Die Operation im Krankenhaus oder bei einem niedergelassenen Arzt sei für Muslime längst die Regel.
Der TBB hoffe, dass es jetzt schnell zu einer bundeseinheitlichen Regelung komme, damit alle Muslime in Deutschland Klarheit hätten.
Zurückhaltender zeigte sich dagegen der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte. "Ich kann damit leben", sagte Verbandssprecherin Elke Jäger-Roman. Vor allem die geforderte Schmerzfreiheit für Kinder sei aus Sicht der Kinderärzte eine wichtige Bedingung.
Quelle: Die Welt