20. Das Abkommen von Al Hudaibija
Seit der Auswanderung des Propheten und seiner Gefährten von Mekka nach Medina waren sechs Jahre vergangen. Sie waren in ständige Kämpfe und ununterbrochen aufeinanderfolgende Kriegszüge - zum einen zwischen ihnen und den Kuraisch, zum anderen zwischen ihnen und den Juden - verwickelt. Der Islam nahm unterdessen an Verbreitung, Stärke und Widerstandskraft zu. Vom ersten Jahr der Hidschra an hatte Muhammad (s.a.s.) seine Gebetsrichtung von der Moschee in Jerusalem zur Moschee in Mekka geändert. Die Muslime machten zu ihrer Blickrichtung das Haus Allahs (t.) , das Abraham in Mekka errichtet hatte und das erneuert wurde, als Muhammad (s.a.s.) noch ein Jüngling war. Damals hatte er den schwarzen Stein an seinen Platz in der Wand dieses Hauses gehoben, bevor er oder irgend jemand von der Aufgabe ahnte, die Allah (t.) ihm übertragen würde.
Diese Moschee war seit hunderten von Jahren die Blickrichtung der Araber bei ihrer Anbetung. Zu ihr pilgerten sie jedes Jahr in den heiligen Monaten, und wer sie betrat, war sicher. Selbst wenn jemand auf seinen schlimmsten Feind stieß, konnte er dort nicht das Schwert ziehen oder Blut vergießen.
Den Muslimen wird der Zugang zur Moschee in Mekka verwehrt
Die Kuraisch nahmen es sich jedoch seit der Auswanderung Muhammads (s.a.s.) und der Muslime heraus, sie von der Moschee in Mekka zurückzuhalten und sie als einzige der Araber an deren Besuch zu hindern. Hierzu wurden schon im ersten Jahr der Hidschra die Worte des Erhabenen geoffenbart:
"Sie werden dich befragen über den Kampf im heiligen Monat. Sprich "Kämpfen in ihm ist schwerwiegend, aber vom Wege Allahs (t.) abbringen und IHN und die heilige Moschee leugnen und ihre Angehörigen aus ihr vertreiben ist schwerwiegender bei Allah ." " (2, V.217)
Desgleichen wurden nach dem Kriegszug von Badr die Worte des Erhabenen geoffenbart:
"Und was haben sie, dass Allah sie nicht strafe, wenn sie den Zugang zur heiligen Moschee verwehren, ohne ihr Wächter zu sein; denn ihr Wächter sind nur die Gottesfürchtigen, doch die meisten von ihnen wissen es nicht. Und ihr Gebet bei dem Haus war nichts anderes als Pfeifen und Händeklatschen. So schmeckt die Strafe dafür, dass ihr ungläubig wart. Die Ungläubigen geben fürwahr ihr Vermögen aus, um vom Wege Allahs abzuhalten, und sie werden es ausgeben; dann wird es ihnen zur Reue gereichen, dann werden sie überwältigt werden. Und die Ungläubigen werden zur Hölle versammelt. " (8, V.34-36)
In diesen sechs Jahren wurden viele aufeinander folgende Ayat über diese Moschee in Mekka geoffenbart, die Allah (t.) für die Menschen gemacht hatte. Die Kuraisch sahen jedoch, dass Muhammad (s.a.s.) und seine Anhänger an die Götzen dieses Hauses - Hubal, Isaf, Naila und andere - nicht glaubten, und hielten es deswegen für ihre Pflicht, sie zu bekämpfen und von der Wallfahrt zur Kaba auszuschließen, bis sie zu den Göttern ihrer Väter zurückkehren würden.
Die Sehnsucht der Muslime nach Mekka
Die Muslime empfanden es indes als schmerzlich, dass ihnen die Erfüllung dieser religiösen Pflicht verwehrt wurde, die ihnen - wie zuvor ihren Vätern - auferlegt worden war. Die Muhadschirun unter ihnen litten noch darüber hinaus unter ständigem Kummer und brennendem Schmerz: dem Schmerz der Verbannung und dem Kummer über das Getrenntsein von der Heimat und ihren dort lebenden Angehörigen.
Sie alle setzten ihr Vertrauen auf den Sieg von Allah (t.) für SEINEN Gesandten und für sie und auf das Erheben ihrer Religion über alle anderen Religionen. Sie glaubten fest daran, dass der Tag käme, an dem Allah (t.) ihnen die Tore Mekkas öffnen würde, damit sie das altehrwürdige Haus umschreiten und die Pflicht erfüllen könnten, die Allah (t.) allen Menschen auferlegt hatte. Wenn auch die Jahre vergingen und ein Kriegszug nach dem anderen stattfand - erst Badr, dann Uhud, dann Al Chandak und die übrigen Kriegszüge und militärischen Operationen -, so würde dieser Tag, an den sie glaubten, doch ganz sicher kommen. Wie stark war ihr Verlangen nach diesem Tag! Und wie sehr teilte Muhammad (s.a.s.) ihre Sehnsucht und sicherte ihnen zu, dass dieser Tag nahe war!
Die Araber und die Kaba
Die Wahrheit ist, dass die Kuraisch Muhammad (s.a.s.) und seinen Gefährten Unrecht taten, indem sie ihnen den Besuch der Kaba und die Ausübung der religiösen Pflichten des Haddsch und der Umra verwehrten. Dieses altehrwürdige Haus war nicht das Eigentum der Kuraisch, sondern das Eigentum aller Araber. Den Kuraisch fielen lediglich das Wächteramt der Kaba und das Amt der Tränkung der Pilger sowie die damit zusammenhängende Sorge um das Haus und die Betreuung seiner Besucher zu. Die Ausrichtung eines Stammes auf die Anbetung eines Götzen anstelle eines anderen erlaubte es den Kuraisch nicht, diesem Stamm den Besuch der Kaba und ihre Umschreitung und die Ausübung dessen, was ihnen die Anbetung jenes Götzen an Pflichten auferlegte, zu verwehren.
Wenn also Muhammad (s.a.s.) kam, die Leute zur Aufgabe der Götzenanbetung aufzurufen, zur Reinigung vom Schmutz des Heidentums und Polytheismus, zur Erhebung ihrer selbst zur alleinigen Anbetung Allahs (t.) , DER keinen Teilhaber hat, sowie zur Erhöhung über alle Mangelhaftigkeit auf diesem Weg und zum Aufstieg mit dem Geist zu einer Höhe, wo er die Einheit des Seins und die Einheit Allahs (t.) erkennt, und wenn dabei der Haddsch und die Umra zur Kaba zu den religiösen Pflichten gehörten, so war es ein feindseliges Vorgehen, den Anhängern der neuen Religion die Ausübung dieser Pflicht zu verwehren. Die Kuraisch fürchteten jedoch, sollten Muhammad (s.a.s.) und diejenigen um ihn, die an Allah (t.) und an seine Botschaft glaubten und aus der Mitte der Mekkaner stammten, kommen, würde sich die Mehrheit der Mekkaner mit ihnen verbunden fühlen und spüren, welche Ungerechtigkeit darin lag, dass sie sich fern von ihren Angehörigen und Söhnen aufhalten mussten. Dies hieße, einen Bürgerkrieg heraufzubeschwören.
Darüber hinaus hatten die Führer der Kuraisch und die Mächtigen der Mekkaner Muhammad (s.a.s.) und seinen Anhängern nicht vergessen, dass sie ihren Handel ruiniert und ihnen ihren benutzbaren Weg nach Asch Scham versperrt hatten. Deswegen regten sich in ihnen Hass und Groll, die nicht dadurch besänftigt wurden, dass das Haus Allah (t.) und den Arabern insgesamt gehörte. Und dass ihr Anteil daran sich darauf beschränkte, sich um das Haus zu kümmern und seine Besucher zu betreuen.
Die Muslime und die Kaba
Seit der Hidschra waren sechs Jahre vergangen, und die Muslime brannten vor Sehnsucht nach dem Besuch der Kaba, dem Haddsch und der Umra. Als sie sich eines Morgens in der Moschee versammelten, verkündete ihnen der Prophet, was ihm in einer wahren Vision eingegeben worden war: dass sie die Moschee in Mekka gemäß dem Willen Allahs (t.) in Sicherheit betreten und ihr Haar scheren bzw. kürzen * würden, ohne Furcht hegen zu müssen. Kaum hatten die Leute die Vision des Gesandten Allahs (t.) gehört, erhoben sich ihre Stimmen mit dem Lobpreis Allahs (t.) und verbreitete sich die Kunde von dieser Vision in Blitzesschnelle in ganz Medina.
Doch wie sollten sie die Moschee in Mekka betreten? Mussten sie ihretwegen kämpfen? Mussten sie die Kuraisch gewaltsam aus ihr vertreiben? Oder würden die Kuraisch ihnen den Weg unterwürfig und demütig freimachen?
* Das Scheren bzw. Kürzen des Haupthaares ist Bestandteil der Wallfahrtsriten und bedeutet hier also, dass es den Muslimen gestattet sein würde, die Wallfahrt durchzuführen.
Muhammad (s.a.s.) ruft zur Wallfahrt auf
Nein! Es sollte weder Kampf noch Krieg geben. Vielmehr rief Muhammad (s.a.s.) die Leute zur Wallfahrt im heiligen Monat Dhul Kida auf und schickte seine Gesandten zu den nichtmuslimischen Stämmen, sie einzuladen, mit ihm am Auszug zum Haus Allahs (t.) in Sicherheit und ohne zu kämpfen teilzunehmen. Zugleich war Muhammad (s.a.s.) darauf bedacht, dass eine möglichst große Zahl von Muslimen mit ihm kam. Sein Hintergedanke dabei war, dass alle Araber wissen sollten, dass er im heiligen Monat zum Haddsch auszog - und nicht zu einem Kriegszug , dass er die Ausübung der Pflicht, die der Islam auferlegt hatte, genauso wollte wie die der Pflicht, die die Religionen der Araber zuvor vorgeschrieben hatten, und dass er die Araber, die nicht seiner Religion angehörten, an der Erfüllung dieser Pflicht teilhaben ließ.
Sollten die Kuraisch dennoch beschließen, ihn im heiligen Monat zu bekämpfen und von der Ausübung dessen abzuhalten, woran die Araber trotz der Verschiedenheit ihrer Götter glaubten, würden sie unter den Arabern niemanden finden, der ihre Haltung unterstützen oder ihnen bei der Bekämpfung der Muslime helfen würde. In ihrem Eifer, sie von der Moschee in Mekka fernzuhalten, würden sie die Leute von der Religion Ismaels und dem Glauben ihres Vaters Abraham abbringen. Auf diese Weise waren die Muslime davor sicher, dass die Araber sich wie die Verbündeten zuvor gegen sie versammeln würden. Und das Ansehen ihrer Religion würde bei den Arabern, die nicht an sie glaubten, steigen. Was sollten die Kuraisch zu Leuten sagen, die im Weihezustand kamen, keine Waffen bei sich hatten außer ihren Schwertern in der Scheide, Opfertiere mit sich brachten und nach nichts verlangten außer die Umschreitung des Hauses durchzuführen - eine Pflicht, die alle Araber ausübten!
Aufruf der Nichtmuslime zur Wallfahrt
Muhammad (s.a.s.) rief die Leute zur Wallfahrt auf und bat die nichtmuslimischen Stämme, mit ihm auszuziehen. Doch viele der Wüstenaraber zögerten.
Am ersten Dhul Kida, einem der heiligen Monate, zog er mit denen aus, die von den Muhadschirun und Ansar mit ihm waren, sowie mit den Arabern, die sich ihm anschlossen, und setzte sich auf seiner Kamelstute Kaswa an ihre Spitze. Die Zahl derer, die auszogen, betrug 1400. Muhammad (s.a.s.) führte siebzig Opfertiere mit sich und weihte sich für die Umra, um die Leute wissen zu lassen, dass er keinen Kampf wollte und nur auszog, um das heilige Haus Allahs (t.) SEINER Verehrung wegen zu besuchen.
Als er Dhul Hulaifa* erreichte, flochten die Leute ihr Haar, bereiteten sich auf die Umra vor und isolierten die Opfertiere, indem sie sie auf die linke Seite brachten. Darunter war auch das Kamel von Abu Dschahl, das sie bei Badr erbeutet hatten. Keiner dieser Pilger trug Waffen außer dem in der Scheide steckenden Schwert, das die Reisenden zu tragen pflegten. Umm Salama, die Frau des Propheten, begleitete ihn auf dieser Reise.
Die Kuraisch erfuhren von Muhammad (s.a.s.) und denen, die mit ihm waren, und dass sie sich pilgernd in ihre Richtung bewegten. Es packte sie Furcht, und sie begannen, die Sache gründlich zu untersuchen. Sie hielten es für eine List, durch die Muhammad (s.a.s.) den Einmarsch nach Mekka erreichen wollte, nachdem er die mit ihnen Verbündeten am Einmarsch nach Medina gehindert hatte. Ihr Wissen, dass sich ihre Gegner für die Umra in den Weihezustand begeben und auf der ganzen Halbinsel bekannt gegeben hatten, dass sie nur mit religiösem Motiv kamen - um die Pflichten zu erfüllen, die ja alle Araber anerkannten -, hemmte sie nicht, Muhammad (s.a.s.) um jeden Preis vom Betreten Mekkas abzuhalten. Deshalb unterstellten sie Chalid Ibn Al Walid und Ikrima Ibn Abu Dschahl ein Heer, dessen Pferde allein die Zahl von zweihundert erreichten. Und dieses Heer rückte nun vor, um Muhammad (s.a.s.) den Weg zur Mutter der Städte** zu versperren, und lagerte bei Dhu Tuwa.
* Ein Ort sechs bis sieben Meilen von Medina entfernt, im dem die Wallfahrer von Medina sich in den Weihezustand versetzen.
**
Mekka.
Die beiden Parteien treffen aufeinander
Muhammad (s.a.s.) setzte seine Pilgerreise fort, bis er bei Usfan* einen Mann von den Banu Kab traf. Der Prophet fragte ihn, ob er etwas über die Kuraisch wüsste, und dessen Antwort war: "Sie haben von deiner Reise gehört und sind aufgebrochen. Sie haben Tigerfelle angezogen und lagern bei Dhu Tuwa. Sie schwören bei Allah , dass du Mekka gegen ihren Willen niemals betreten wirst. Und Chalid Ibn Al Walid ist mit ihrer Reitertruppe bereits nach Kara Al Ghamim** vorausgeritten." Muhammad (s.a.s.) sagte: "Wehe den Kuraisch! Der Krieg wird sie ins Verderben stürzen. Was würde es ihnen schaden, mich mit den übrigen Arabern allein zu lassen. Wenn sie mir eine Niederlage beibrächten, so wäre es das, was sie wollten; und wenn mir Allah den Sieg über sie verlieh, so könnten sie dem Islam in Scharen beitreten. Und wenn sie es nicht täten, könnten sie verstärkt kämpfen! Was glauben denn die Kuraisch! Bei Allah , ich werde nicht aufhören, mich für das einzusetzen, womit Allah mich entsandt hat, bis Allah es zum Erfolg geführt hat oder mir mein Genick bricht."
Dann hielt er inne, um nachzudenken, was er tun solle. Er hatte ja Medina nicht verlassen, um Krieg zu führen, sondern war im Weihezustand ausgezogen und wollte zum Hause Allahs (t.) , um dort seine Pflichten gegenüber Allah (t.) zu erfüllen. Er war nicht für einen Kampf ausgerüstet, und falls er kämpfen und nicht gewinnen sollte, würde die Kuraisch dies vielleicht zu ihrer Prahlerei veranlassen. Ja, möglicherweise hatten sie Ibn Al Walid und Ikrima gerade in der Absicht ausgeschickt, dieses Ziel zu erreichen, nachdem sie erfahren hatten, dass er nicht des Kampfes wegen ausgezogen war.
* ein Ort etwa zwei Tagesreisen von Mekka.
** ein Tal acht Meilen vor Usfan.
Muhammad (s.a.s.) ist auf Frieden bedacht
Während Muhammad (s.a.s.) überlegte, erschien die Reiterei Mekkas in Sichtweite, um deutlich zu machen, dass es für die Muslime keinen Weg gab, ihr Ziel zu erreichen. Es sei denn, sie überwältigten diese Reiterei und ließen sich in eine Schlacht ein, in der die Kuraisch anträten, um ihre Ehre, ihre Stellung und ihre Heimat zu verteidigen. Eine Schlacht, die Muhammad (s.a.s.) zwar nicht wollte, wozu die Kuraisch ihn aber herausforderten und nötigten. Den Muslimen, die bei ihm waren, mangelte es nicht an Tatenlust, und vielleicht genügten ihnen ihre Schwerter, wenn sie sie zur Abwehr des angreifenden Feindes zögen. Aber er würde dadurch sein Ziel nicht erreichen und möglicherweise den Kuraisch gegenüber den Arabern ein Argument gegen sich liefern. Er war vielmehr weitsichtiger, erfahrener und politisch scharfsinniger. Er ließ deshalb unter den Leuten ausrufen: "Wer führt uns einen anderen Weg als den, den sie blockieren?" So blieb er fest bei der Friedenspolitik, die er seit seinem Auszug aus Medina und seit seiner Absicht, pilgernd nach Mekka zu ziehen, verfolgt hatte.
Ein Mann trat hervor, der ihnen einen beschwerlichen Weg über erschöpfende Bergpfade zeigte. Die Muslime nahmen alle Mühe auf sich, ihn zu beschreiten, bis er sie zu einer Ebene am Ende des Tals führte, wo sie sich nach rechts wandten, bis sie beim Engpass von Al Murar an der Senke von Al Hudaibija unterhalb von Mekka herauskamen. Als die Reiterei der Kuraisch sah, was Muhammad (s.a.s.) und seine Gefährten taten, beeilte sie sich, umzukehren, um Mekka zu verteidigen, falls die Muslime es überfallen sollten.
Als die Muslime Al Hudaibija erreicht hatten, kniete Al Kaswa (die Kamelstute des Propheten) nieder, und die Muslime dachten, sie sei erschöpft. Da sagte der Gesandte Allahs zu ihnen: "DER hielt sie zurück, DER den Elefanten von Mekka zurückhielt. Sollten die Kuraisch mich zu etwas auffordern, indem sie sich auf die Verwandtschaftsbande berufen, werde ich es ihnen gewähren." Sodann rief er die Leute auf zu lagern. Da sagten sie zu ihm: "0 Gesandter Allahs , in dem Tal, in dem wir lagern, gibt es kein Wasser." Da zog er einen Pfeil aus seinem Köcher und gab ihm einem Mann, der damit in einem der zerstreuten Brunnen dieser Gegend stochern sollte. Dieser steckte ihn in den Sand am Grund eines Brunnens, und das Wasser sprudelte hervor. Die Leute waren nun zufrieden und lagerten dort.
Überlegungen der beiden Parteien
Die Kuraisch lauerten ihnen in Mekka auf, und sie wollten lieber den Tod, als dass Muhammad (s.a.s.) es unter Gewaltanwendung gegen sie einnähme. Sollten die Muslime zum Kampf gegen die Kuraisch antreten und gegen sie Krieg führen, bis Allah zwischen ihnen entscheiden würde, wie es geschehen sollte? Einige Muslime stellten solche Erwägungen, und die Kuraisch konnten sich dies gut vorstellen. Sollte es wirklich dazu kommen und sollten die Muslime siegen, wäre dies das definitive Ende der Kuraisch bei allen Arabern. Sie liefen Gefahr, dass ihnen das Wächteramt der Kaba und die Tränkung der Wallfahrer sowie all die religiösen Riten und Zeremonien, um die die Araber wetteiferten, weggenommen würden.
Was sollten sie also tun? Jede der beiden Parteien überlegte, welche Strategie sie verfolgen sollte. Was Muhammad (s.a.s.) betraf, so blieb er dabei, was er seit der Vorbereitung zur Umra beabsichtigte: eine Politik des Friedens und des Vermeidens eines Kampfes - es sei denn, dass die Kuraisch ihn angriffen oder überfielen. Dann blieb allerdings nichts anderes übrig, als das Schwert zu ziehen.
Die Boten der Kuraisch an Muhammad (s.a.s.)
Die Kuraisch waren zunächst unschlüssig und schließlich dafür, einige ihrer Männer zu ihm zu schicken, die einerseits seine Stärke in Erfahrung bringen und ihn andererseits am Betreten Mekkas hindern sollten. Budail Ibn Warka ging mit Männern von den Chuzaa zu ihm, um ihn zu fragen, warum er gekommen sei. Als sie von seinen Worten überzeugt waren, dass er nicht in Kriegsabsicht gekommen sei, sondern um das Haus zu besuchen und seine Heiligkeit zu achten, kehrten sie zu den Kuraisch zurück. Sie wollten sie dazu bewegen, dem Mann und seinen Gefährten den Weg zu dem altehrwürdigen Haus freizugeben. Die Kuraisch machten ihnen jedoch Vorwürfe und widersprachen ihnen und schrieen sie an: "Selbst wenn er ohne Kriegsabsicht kam, bei Allah , er wird nicht gewaltsam bei uns eindringen, und die Araber werden so etwas nicht über uns sagen können."
Dann schickten die Kuraisch einen anderen Boten, der nichts anderes vernahm als sein Vorgänger und es nicht riskieren wollte, dass die Kuraisch ihn beschuldigten.
Die Kuraisch hatten sich bei ihren Vorbereitungen zur Bekämpfung Muhammads (s.a.s.) auf ihre Verbündeten von den Al Ahabisch* verlassen. Sie dachten deshalb daran, deren Führer zu schicken, auf dass er die Unterstützung für die Kuraisch verstärken würde, wenn er sah, dass Muhammad (s.a.s.) nicht auf ihn hörte und die beiden sich nicht verstanden. Also zog Al Hulais, der Führer der Al Ahabisch, zum Lager der Muslime. Als der Prophet ihn kommen sah, befahl er, ihm die Opfertiere entgegenzuschicken. Dies sollte ein materieller Beweis vor seinen Augen sein, dass jene, deren Bekämpfung die Kuraisch wollten, nur zur Wallfahrt und um sich dem Heiligtum in Ehrfurcht zu nähern gekommen waren. Al Hulais sah die siebzig Opfertiere, die ihm mitten aus dem Tal entgegenkamen und die bereits geschoren waren. Dieser Anblick beeindruckte ihn und weckte in ihm religiöse Gefühle. Er war überzeugt, dass die Kuraisch diesen Menschen Unrecht taten, die weder Krieg noch Feindschaft wollten.
So kehrte er zu den Kuraisch zurück, ohne mit Muhammad (s.a.s.) zusammengetroffen zu sein und berichtete ihnen, was er gesehen hatte. Als sie jedoch seine Worte gehört hatten, wurden sie wütend und sagten zu ihm: "Setz dich, du bist ja nur ein Beduine und hast keine Ahnung." Al Hulais wurde wegen ihres Geredes zornig und warnte sie, er sei nicht ihr Verbündeter, um Leute vom Heiligtum abzuhalten, die gekommen seien, um sich ihm in Ehrfurcht zu nähern. Und sollten sie Muhammad (s.a.s.) nicht durchführen lassen, was er beabsichtigte, würde er Mekka mit den Al Ahabisch verlassen. Die Kuraisch fürchteten die Folgen seines Zornes. Sie bemühten sich, ihn zu besänftigen, und baten ihn, ihnen Zeit zu gewähren, über ihre Angelegenheit nachzudenken.
*Eine Gruppe starker Bogenschützen aus Arabien - d.h. Abessinier -, die wegen ihres dunklen Aussehens so genannt wurden. Eine andere mögliche Erklärung für ihren Namen wäre ihr Bezug auf Hubshi, einem Berg südlich von Mekka.
Die Vermittlung von Urwa Ibn Masud
Schließlich beschlossen die Kuraisch, einen lebensklugen Mann zu entsenden, mit dessen weisem Urteil sie zufrieden wären, und sprachen Urwa Ibn Masud Ath Thakafi auf diese Angelegenheit an. Sie baten ihn um Nachsicht für all das, was er hinsichtlich ihrer schweren Vorwürfe und ihres schlechten Empfangs gegenüber den Boten vor ihm gesehen hatte. Als sie sich bei ihm entschuldigt und ihm versichert hatten, dass er von ihnen nicht beschuldigt werde und dass sie sich auf seine Weisheit und seinen Rat verlassen würden, zog er zu Muhammad (s.a.s.).
Er erinnerte ihn daran, dass Mekka seine Geburtsstadt sei; sollte er es mit den von ihm angesammelten Menschenmassen gegen seine Einwohner erobern, und sollten diese Menschenmengen ihn dann verlassen, sei dies eine ewige Schmach für die Kuraisch, mit der Muhammad (s.a.s.) nicht zufrieden sein könne, selbst wenn der Krieg zwischen ihm und den Kuraisch andauerte. Da schrie Abu Bakr den Urwa an und stellte in Abrede, dass die Menschen den Gesandten Allahs je verlassen würden. Wahrend Urwa mit Muhammad (s.a.s.) sprach, griff er nach dessen Bart. Al Mughira Ibn Schuba, der direkt neben dem Gesandten stand, schlug jedes Mal Urwas Hand, wenn dieser nach dem Bart griff, obwohl er wusste, dass es dieser Urwa war, der ihm vor seiner Annahme des Islam das Blutgeld für dreizehn Männer erlassen hatte, die Al Mughira getötet hatte.
Als Urwa nun von Muhammad (s.a.s.) gehört hatte, dass er nicht in Kriegsabsicht gekommen sei, sondern um sich dem Heiligtum in Ehrfurcht zu nähern und die Gebote seines Herrn zu erfüllen, kehrte er zurück. Bei den Kuraisch angelangt sagte er: "0 ihr Kuraisch, ich bin bei Chosroes in seinem Königreich gewesen, bei Cäsar in seinem Imperium und beim Negus in seinem Reich; bei Allah , doch nie habe ich einen König unter seinem Volk gesehen wie Muhammad (s.a.s.) unter seinen Gefährten. Er nimmt die Gebetswaschung nicht vor, ohne dass sie sich beeilen, das Wasser für seine Waschung zu bringen; und es fällt nicht ein Haar von ihm, ohne dass sie es aufheben; und sie werden ihn nie wegen irgendetwas ausliefern. So trefft nun eure Entscheidung."
Muhammads (s.a.s.) Botschafter an die Kuraisch
In der von uns dargestellten Art und Weise zogen sich also die Unterredungen in die Länge. Da dachte Muhammad (s.a.s.), die Gesandten der Kuraisch hätten möglicherweise nicht den Mut gehabt, die Kuraisch von seiner Einstellung zu überzeugen. Deshalb sandte er von sich aus einen Gesandten, der ihnen seine Auffassung mitteilen sollte. Sie verwundeten jedoch das Kamel dieses Gesandten und wollten ihn töten, hätten die Al Ahabisch dies nicht verhindert und ihn laufen lassen. Mit diesem ihrem Verhalten bewiesen die Mekkaner den Geist der Feindschaft und den Groll, der sie erfüllte und die Geduld der Muslime ins Wanken brachte, so dass einige von ihnen bereits an Kampf dachten.
Während sie so gegenseitig Boten austauschten, um eine Übereinkunft zu erreichen, zogen einige Einsichtslose der Kuraisch des Nachts aus und bewarfen das Lager des Propheten mit Steinen. Eines Tages machten sich vierzig oder fünfzig von ihnen auf, um die Gefährten des Propheten anzugreifen. Sie wurden gefangengenommen und zu ihm gebracht. Und was hat er getan? Er vergab ihnen und ließ sie frei und hielt so am Friedenskurs fest aus Achtung davor, dass im heiligen Monat bei Al Hudaibija, das zum heiligen Bezirk Mekkas gehörte, kein Blut vergossen wurde.
Als die Kuraisch das erfuhren, waren sie sprachlos. All ihre Argumente, mit denen sie überzeugen wollten, dass Muhammad (s.a.s.) Krieg wollte, waren hinfällig geworden. Sie waren nun sicher, dass jeden von ihnen ausgehenden Angriff gegen Muhammad (s.a.s.) die Araber als gemeinen Verrat betrachten würden, den mit all zur Verfügung stehenden Kraft abzuwehren Muhammad (s.a.s.) das Recht hatte.
Die Entsendung von Uthman Ibn Affan
Sodann versuchte Muhammad (s.a.s.) die Geduld der Kuraisch ein weiteres Mal durch die Entsendung eines Unterhändlers, der mit ihnen verhandeln sollte, auf die Probe zu stellen. Deshalb rief er Umar Ibn Al Chattab zu sich, auf dass er den Edelleuten der Kuraisch von ihm mitteile, weshalb er gekommen sei. Umar sagte: "0 Gesandter Allahs , ich fürchte bei den Kuraisch um mein Leben, denn niemand von den Banu Adijj Ibn Kab ist in Mekka, der mich beschützen könnte. Die Kuraisch kennen meine Feindschaft gegen sie sowie meinen Zorn auf sie. Ich möchte dir jedoch einen Mann vorschlagen, der bei ihnen angesehener ist als ich: Uthman Ibn Affan." Da rief der Prophet seinen Schwiegersohn Uthman und sandte ihn zu Abu Sufjan und den Edelleuten der Kuraisch.
Uthman zog mit seiner Botschaft los, und kaum hatte er Mekka betreten, traf er Aban Ibn Said, der ihn für die Zeit der Erledigung seiner Aufgabe unter seinen Schutz nahm. Uthman ging zu den Herren der Kuraisch und teilte ihnen seine Botschaft mit. Sie sagten: "0 Uthman, wenn du das Heiligtum umschreiten willst, so umschreite es." Er erwiderte: "Ich will es nicht tun, bis es der Gesandte Allahs umschritten hat; denn wir sind gekommen, um das altehrwürdige Haus aufzusuchen und seine Heiligkeit zu preisen sowie dort die Pflichten der Anbetung auszuüben. Wir haben Opfertiere mit uns gebracht, und wenn wir sie geopfert haben, werden wir in Frieden zurückkehren." Die Kuraisch antworteten, sie hätten geschworen, Muhammad (s.a.s.) werde Mekka gewaltsam dieses Jahr nicht betreten.
Die Verhandlung und die Abwesenheit Uthmans von den Muslimen dauerten lange, was diese vermuten ließ, die Kuraisch hätten ihn hinterlistig und heimtückisch ermordet. Vielleicht suchten die Herren der Kuraisch unterdessen mit Uthman aber auch nach einer Form der Übereinkunft zwischen ihrem Schwur, dass Muhammad (s.a.s.) Mekka gewaltsam dieses Jahr nicht betreten werde, und der Sehnsucht der Muslime, das altehrwürdige Haus zu umschreiten und gegenüber dem Herrn dieses Hauses ihre Pflicht zu erfüllen. Vielleicht wurden sie mit Uthman bereits vertraut und suchten mit ihm während dieser Zeit nach einer Neuordnung der gegenseitigen Beziehungen zwischen ihnen und Muhammad (s.a.s.).
Das gebilligte Gelöbnis
Was auch der Grund gewesen sein mag, die Muslime bei Al Hudaibija wurden wegen Uthman äußerst unruhig. Sie stellten sich die Treulosigkeit der Kuraisch sowie ihr Morden während dieses heiligen Monats, in dem es in den Religionen aller Araber niemandem gestattet war, seinen Feind im Sperrgebiet Mekkas zu töten, vor. Sie stellten sich ferner vor, die Kuraisch gingen verräterisch gegen einen Mann vor, der mit der Botschaft des Friedens zu ihnen gekommen war, und ein jeder von ihnen griff nach seinem Schwert als Ausdruck der Warnung, der Tapferkeit und der Wut.
Der Prophet (s.a.s.) mutmaßte, die Kuraisch könnten Uthman ermordet und Verrat im heiligen Monat begangen haben, und sagte deshalb: "Wir ziehen nicht ab, ehe wir gegen die Leute gekämpft haben." Er rief seine Gefährten zu sich unter einen Baum in diesem Tal, und sie gelobten ihm alle Treue, dass sie bis zum Tod nicht fliehen würden. Sie gelobten ihm Treue, alle im Glauben gefestigt, voller Entschlusskraft und angefüllt vom Eifer für die Vergeltung an den Verrätern und Mördern. Sie gaben ihm das gebilligte Gelöbnis ab, zu dem die Worte des Erhabenen geoffenbart wurden:
"Allah war mit den Gläubigen gewiss zufrieden, als sie dir unter dem Baum Treue gelobten, und ER wusste, was in ihren Herzen war. Da sandte ER Ruhe auf sie hinab und belohnte sie mit einem nahen Sieg." (48, V.18)
Als die Muslime das Treuegelöbnis abgegeben hatten, schlug der Prophet (s.a.s.) mit einer Hand auf die andere als Gelöbnis für Uthman, so als habe dieser mit ihnen am gebilligten Gelöbnis teilgenommen. Dieses Gelöbnis ließ die Schwerter in den Scheiden erzittern, und es wurde allen Muslimen klar, dass der Krieg unausweichlich kommen würde. Jeder begann mit zufriedener Seele und ruhigem Herzen auf den Tag des Sieges zu warten bzw. auf den Tag des Märtyrertodes.
Sie befanden sich in dieser Verfassung, als sie erfuhren, dass Uthman gar nicht ermordet wurde, und es dauerte nicht mehr lange, bis er zu ihnen kam. Jenes gebilligte Gelöbnis blieb dennoch - wie das große Abkommen von Akaba - ein Wegweiser in der Geschichte der Muslime. Muhammad (s.a.s.) dachte gerne daran zurück, weil es die Stärke der Verbindung zwischen ihm und seinen Gefährten zeigte sowie ihren Mut bewies, sich furchtlos der Todesgefahr auszusetzen. Wer aber in der Todesgefahr mutig ist, den fürchtet der Tod, und dem zeigt sich das Leben, und der gehört zu den Erfolgreichen.
Die Botschaft der Kuraisch an Muhammad (s.a.s.)
Uthman kehrte zurück und überbrachte Muhammad (s.a.s.) die Botschaft der Kuraisch. Es bestand bei ihnen kein Zweifel mehr, dass er und seine Gefährten wegen der Wallfahrt gekommen waren und um sich dem Heiligtum in Ehrfurcht zu nähern. Sie waren der Ansicht, dass sie keinen Araber am Haddsch oder an der Umra während der heiligen Monate hindern konnten. Dennoch waren sie nun einmal zuvor unter der Führung von Chalid Ibn Al Walid ausgezogen, um ihn zu bekämpfen und am Betreten Mekkas zu hindern, und zwischen einigen von ihren und Muhammads (s.a.s.) Männern hatte es Gefechte gegeben. Sollten sie ihn nach diesen Ereignissen Mekka betreten lassen, würden die Araber erzählen, sie seien von ihm besiegt worden; ihre Stellung würde in den Augen der Araber schwächer werden, und die Achtung vor ihnen würde sinken.
Deshalb sollten er und sie über diese ihre Lage nachdenken, damit sie zusammen einen Ausweg aus ihr fänden. Sollte dies nicht möglich sein, so bliebe nur der Krieg, ob sie ihn wollten oder nicht. Sie wollten ihn jedenfalls während dieser Monate nicht; einerseits in Würdigung ihrer religiösen Heiligkeit, andererseits weil für den Fall, dass sie ihre Heiligkeit heute nicht achteten und in ihnen einen Krieg führten, die Araber in Zukunft nicht mehr sicher nach Mekka und zu seinen Märkten kommen konnten - aus Furcht, die heiligen Monate würden erneut verletzt. Und dies wiederum würde dem Handel Mekkas und der Versorgung seiner Bewohner zum Nachteil gereichen.
Die Verhandlungen zwischen den beiden Parteien
Die Gespräche wurden fortgesetzt und die Verhandlungen zwischen den Parteien wieder aufgenommen. Die Kuraisch sandten Suhail Ibn Amr und sagten zu ihm: "Geh zu Muhammad und schließe Frieden mit ihm; doch soll es nur Frieden mit ihm geben, wenn er dieses Jahr von uns abzieht. Denn bei Allah , die Araber sollen nicht über uns erzählen, dass er jemals bei uns gewaltsam einmarschiert wäre."
Als Suhail zum Gesandten gelangt war, begannen lange, schleppende Gespräche über den Frieden und seine Bedingungen, die zeitweise beinahe abgebrochen und dann wegen des Strebens beider Seiten nach Erfolg wieder fortgesetzt wurden. Die Muslime um den Propheten hörten diese Gespräche, und manchen von ihnen fiel es schwer, dabei Geduld aufzubringen wegen der übertriebenen Anforderungen Suhails und des Entgegenkommens seitens des Propheten bei deren Annahme. Wäre nicht das uneingeschränkte Vertrauen der Muslime in ihren Propheten und ihr Glaube an ihn, wären sie mit dem, worüber Einigung erzielt wurde, nicht einverstanden gewesen. Sie hätten gekämpft, um Mekka zu betreten oder als Märtyrer zu sterben.
Abu Bakr und Umar
Nach Abschluss der Verhandlungen ging Umar Ibn Al Chattab zu Abu Bakr, und folgendes Gespräch fand zwischen beiden statt:
Umar: "0 Abu Bakr, ist er nicht der Gesandte Allahs ?!"
Abu Bakr: "Gewiss!"
Umar: "Und sind wir nicht Muslime?!"
Abu Bakr: "Gewiss!"
Umar: "So sag mir, warum wir in unserer Religion erniedrigt werden!?"
Abu Bakr: "0 Umar, lass ab, denn ich bezeuge ja, dass er der Gesandte Allahs ist!"
Umar: "Und ich bezeuge, dass er der Gesandte Allahs ist."
Umar ging danach zu Muhammad (s.a.s.) und sprach auf ähnliche Art mit ihm, wobei er wütend und verärgert war. Dies änderte jedoch nichts an der Geduld und am Entschluss des Propheten. Alles, was er zum Schluss der Unterhaltung zu Umar sagte, war: "Ich bin der Diener Allahs und SEIN Gesandter; ich weiche von SEINEM Befehl nicht ab, denn ER lässt mich nicht zugrunde gehen."
Bei der Niederschrift des Abkommens ließ Muhammads (s.a.s.) Geduld den Groll mancher Muslime noch zunehmen. Er rief Ali Ibn Abu Talib und sagte zu ihm: "Schreib: Im Namen Allahs , des Allerbarmers, des Barmherzigen." Da wandte Suhail ein: "Halt, ich kenne den "Allerbarmer, den Barmherzigen" nicht; schreib vielmehr: In DEINEM Namen, o Allah ." Da sagte der Gesandte Allahs : "Schreib: In DEINEM Namen, o Allah ." Dann fuhr er fort: "Schreib: Dies ist eine Übereinkunft zwischen Muhammad (s.a.s.), dem Gesandten Allahs , und Suhail Ibn Amr." Da unterbrach Suhail: "Halt, würde ich bezeugen, dass du der Gesandte Allahs bist, würde ich dich nicht bekämpfen. Schreib vielmehr deinen Namen und den Namen deines Vaters." Der Gesandte Allahs sagte: "Schreib: Dies ist eine Übereinkunft zwischen Muhammad Ibn Abdullah..."
Das Abkommen von Al Hudaibija (März 628 n. Chr.)
Sodann wurde das Abkommen von beiden Parteien niedergeschrieben. Es enthielt, dass sie zehn Jahre Waffenstillstand halten würden - der Auffassung der meisten Biographen zufolge; nach der Auffassung von Al Wakidi zwei Jahre. Dass, wenn jemand ohne Erlaubnis seines Herrn von den Kuraisch zu Muhammad (s.a.s.) kam, er diesen an sie zurückschicken musste; wenn einer der Männer Muhammads (s.a.s.) dagegen zu den Kuraisch kam, sie ihn nicht zurückzuschicken brauchten. Und dass, wer von den Arabern ein Bündnis mit Muhammad (s.a.s.) oder mit den Kuraisch eingehen wollte, dies tun konnte, ohne dass dies ein Vergehen darstellte. Zusätzlich, dass Muhammad (s.a.s.) und seine Gefährten dieses Jahr von Mekka abziehen sollten und im folgenden Jahr dorthin zurückkehren, es betreten und drei Tage darin bleiben sowie keine andere Waffe als das in der Scheide steckende Schwert mit sich bringen dürften.
Verwirklichung dieses Abkommens
Kaum war dieses Abkommen geschlossen, da verbündeten sich die Chuzaa mit Muhammad (s.a.s.) und die Banu Bakr mit den Kuraisch. Und kaum war dieses Abkommen geschlossen, da kam Abu Dschandal Ibn Suhail Ibn Amr zu den Muslimen und wollte sich ihnen anschließen und mit ihnen ziehen. Als Suhail seinen Sohn sah, schlug er ihm ins Gesicht, packte ihn am Kragen und ließ ihn zu den Kuraisch zurückbringen, wobei Abu Dschandal mit lauter Stimme rief: "0 ihr Muslime! Ich werde zu den Polytheisten zurückgebracht, die mich von meiner Religion abbringen wollen!" Dies verstärkte die Erregung der Muslime und ihre Unzufriedenheit mit dem Abkommen, das der Gesandte mit Suhail geschlossen hatte. Doch Muhammad (s.a.s.) wandte sich mit folgenden Worten an Abu Dschandal: "0 Abu Dschandal, gedulde dich und rechne mit Allahs Belohnung, denn Allah wird dir und denen, die mit dir unterdrückt sind, einen Ausweg schaffen. Wir haben gerade ein Friedensabkommen mit den Leuten geschlossen, und wir haben uns gegenseitig im Namen Allahs das Wort gegeben, und wir werden sie nicht hintergehen." Abu Dschandal kehrte in Erfüllung des Abkommens und des Versprechens des Propheten zu den Kuraisch zurück, und Suhail erhob sich, um nach Mekka zurückzukehren.
Auch Muhammad (s.a.s.) erhob sich, besorgt darüber, in welcher Verfassung er die Leute um sich herum sah. Er betete und fand Beruhigung; dann wandte er sich dem Opfertier zu und schlachtete es. Er setzte sich, scherte seinen Kopf und erklärte die Umra für beendet. Er war von Ruhe und Zufriedenheit erfüllt. Als die Leute sahen, was er tat, und als sie seine Ruhe sahen, sprangen sie auf und opferten und scherten den Kopf. Einige von ihnen scherten den Kopf vollkommen und andere kürzten nur das Haar.
Muhammad (s.a.s.) sagte: "Allah möge denen, die ihr Haupt scherten, Barmherzigkeit erweisen." Da riefen die Leute: "Und denen, die ihr Haar kürzten, " Gesandter Allahs ?" Er sagte: "Allah möge denen, die ihr Haupt scherten, Barmherzigkeit erweisen." Da riefen die Leute bangend: "Und denen, die ihr Haar kürzten, o Gesandter Allahs ?" Er sagte: "Und denen, die ihr Haar kürzten." Einige von ihnen fragten: "Und warum, o Gesandter Allahs , batest du um Barmherzigkeit nur für diejenigen, die den Kopf scherten, ohne diejenigen zu erwähnen, die das Haar kürzten?" Er antwortete: "Weil sie nicht zweifelten."*
Es blieb den Muslimen nichts anderes übrig, als nach Medina zurückzukehren, um darauf zu warten, im folgenden Jahr wieder nach Mekka zu kommen. Die meisten von ihnen ertrugen den Gedanken nur widerwillig und nahmen ihn nur hin, weil es sich um die Anordnung des Gesandten handelte. Es war nicht ihre Gewohnheit, mit einer Niederlage zurückzukehren und sich ohne Kampf zu ergeben. In ihrem Glauben an Allahs (t.) Hilfe für SEINEN Gesandten und SEINE Religion hatten sie keinen Zweifel an der Einnahme Mekkas, hätte Muhammad (s.a.s.) ihnen seine Eroberung befohlen.
Sie blieben einige Tage bei Al Hudaibija. Manche unter ihnen fragten einander nach der Weisheit dieses Abkommens, andere äußerten an sich Zweifel an dessen Weisheit, Doch dann ertrugen sie es geduldig und kehrten heim. Als sie unterwegs zwischen Mekka und Medina waren, wurde dem Propheten die Sura Al Fath geoffenbart.
*Das Scheren des Haupthaares beendet den Weihezustand der Wallfahrt. Diejenigen, die ihr Haar nur kürzten, zweifelten, ob diese Umra voll gültig war, da ihre wesentlichen Riten nicht ausgeführt worden waren und sie Mekka gar nicht betreten hatten. Da aber der Prophet (s.a.s.) durch sein Verhalten deutlich gemacht hatte, dass sie ihre Wallfahrtsabsicht erreicht hatten und dies von Allah (t.) anerkannt werde, war kein Zweifel mehr angebracht.
Die Sura Al Fath
Da rezitierte der Prophet seinen Gefährten die Worte des Erhabenen:
"WIR haben dir gewiss einen offenkundigen Sieg gegeben. Damit Allah dir vergibt, was an Sünde von dir bereits vorausging und was noch kommt, und SEINE Gnade an dir vollendet und dich einen geraden Weg leitet..." (Sura 48)
bis zum Ende der Sura.
Al Hudaibija war ein offenkundiger Sieg
Es bestand also kein Zweifel mehr, dass das Abkommen von Al Hudaibija ein offenkundiger Sieg war, was sich tatsächlich bestätigte. Die historischen Ereignisse bewiesen, dass die politische Weisheit und die Weitsichtigkeit dieses Abkommens äußerst weitreichende Folgen für die Zukunft des Islam und der Araber insgesamt hatten. Es war dies das erste Mal, dass die Kuraisch Muhammad (s.a.s.) anerkannten und nicht als Rächer und Abtrünnigen von ihnen ansahen, sondern als Gleichgestellten und ihnen Ebenbürtigen. Sie erkannten damit auch den islamischen Staat und seine Existenz an. Mit ihrem Entschluss, den Muslimen das Recht auf den Besuch des Heiligtums und die Durchführung der Wallfahrtsriten zuzugestehen, erkannten sie zudem an, dass der Islam eine etablierte und akzeptierte Religion unter den Religionen der Halbinsel war. Und schließlich gab der Waffenstillstand von zwei bzw. zehn Jahren den Muslimen von Süden her Sicherheit und nahm ihnen die Furcht vor einem Überfall der Kuraisch und ermöglichte dem Islam, sich weiter auszubreiten.
Hatten nicht die Kuraisch, Muhammads (s.a.s.) Todfeinde, bereits ein Zugeständnis gemacht, das sie früher niemals gemacht hatten! In der Tat verbreitete sich der Islam nach diesem Waffenstillstand aufs schnellste um ein Vielfaches seiner bisherigen Verbreitung. Nach Al Hudaibija waren eintausendvierhundert Männer gekommen; zwei Jahre später zog Muhammad (s.a.s.) mit zehntausend zur Eroberung Mekkas.
Die stärksten Zweifel an der Weisheit des Abkommens von Al Hudaibija hatte die Bestimmung hervorgerufen, dass Muhammad (s.a.s.) den, der von den Kuraisch ohne Zustimmung seines Herrn zu ihm käme, an sie zurückschicken müsse, umgekehrt die Kuraisch dies aber nicht brauchten. Muhammads (s.a.s.) Meinung hierzu war, dass es zu jemandem, der sich vom Islam abgewandt und bei den Kuraisch Zuflucht gesucht hatte, nicht passte, in die Gemeinschaft der Muslime zurückzukehren. Und dass Allah (t.) demjenigen, der Muslim geworden war und versucht hatte, sich Muhammad (s.a.s.) anzuschließen, einen Ausweg schaffen würde.
Spätere Ereignisse bestätigten Muhammads (s.a.s.) Meinung hierzu schneller als seine Gefährten vermuteten. Sie belegten, dass der Islam aus dem Friedensabkommen von Al Hudaibija den größtmöglichen Nutzen gezogen hatte. Es bereitete den Weg, dass Muhammad (s.a.s.) sich zwei Monate danach an die Könige und Oberhäupter fremder Staaten wenden konnte, um sie zum Islam einzuladen.
Die Geschichte von Abu Basir
Die Ereignisse bestätigten Muhammads (s.a.s.) Urteil schneller als seine Gefährten erwarteten:
Abu Basir kam als Muslim von Mekka nach Medina, jedoch machte das Abkommen seine Rückkehr zu den Kuraisch erforderlich, da er ohne Einwilligung seines Herrn weggegangen war. Da schrieben Azhar Ibn Auf und Al Achnas Ibn Scharik an den Propheten, er solle ihn zurückschicken. Sie schickten ihren Brief mit einem Mann von den Banu Amir zusammen mit einem ihrer Diener. Der Prophet sagte: "0 Abu Basir, wir haben mit diesen Leuten das dir bekannte Abkommen geschlossen, und Betrug ist uns in unserer Religion nicht erlaubt. Allah wird dir und den mit dir Unterdrückten Erleichterung und einen Ausweg verschaffen, so kehre zu deinem Volk zurück." Abu Basir entgegnete: "0 Gesandter Allahs , willst du mich zu den Polytheisten zurückschicken, die mich von meiner Religion abbringen wollen?!" Da wiederholte der Prophet seine Worte, und er ging mit den beiden Männern fort.
Bei Dhul Hulaifa bat Abu Basir den Mann von den Banu Amir, ihm sein Schwert zu zeigen. Kaum hielt er es in der Hand, überwältigte er ihn damit und tötete ihn. Da rannte der Diener in Richtung Medina davon, bis er zum Propheten kam. Als dieser ihn sah, sagte er: "Dieser Mann hat etwas Schreckliches gesehen." Dann fragte er den Mann: "Was ist denn um Himmels willen mit dir los?" Er sagte: "Dein Gefährte hat meinen Gefährten ermordet." Kurz darauf erschien Abu Basir mit dem Schwert umgürtet und rief Muhammad (s.a.s.) zu: "0 Gesandter Allahs , du hast dein Versprechen gehalten, und Allah hat dich entlastet. Du hast mich den Leuten ausgeliefert, und ich habe mich dagegen gewehrt, von meiner Religion abgebracht oder verspottet zu werden." Muhammad (s.a.s.) verhehlte weder seine Bewunderung noch seine Hoffnung, es gäbe noch mehr Männer wie ihn.
Später zog Abu Basir aus, bis er bei Al Is an der Meeresküste auf dem Weg der Kuraisch nach Asch Scham lagerte. Das Abkommen zwischen Muhammad (s.a.s.) und den Kuraisch hatte bestimmt, dass dieser Weg für den Handel freigelassen werde und ihn weder Muhammad (s.a.s.) noch die Kuraisch sperrten. Als Abu Basir dorthin ging und die in Mekka lebenden Muslime sowohl davon als auch von der Bewunderung des Gesandten für ihn erfuhren, flohen zu ihm etwa siebzig Mann von ihnen, machten ihn zu ihrem Anführer und begannen, den Kuraisch den Weg zu versperren. Jeden von ihnen, den sie überwältigten, töteten sie, und jede Karawane, die bei ihnen vorbeikam, brachten sie an sich.
Da erkannten die Kuraisch, dass sie umso größeren Schaden erlitten, je mehr sie darauf beharrten, dass die Muslime in Mekka blieben. Sie stellten fest, dass es schlimmer war, einen Mann von aufrichtigem Glauben festzuhalten, als ihn freizulassen. Denn ohne Zweifel würde er die Gelegenheit zur Flucht ergreifen und sie bekämpfen, so dass sie die Verlierer wären. Es war, als erinnerten sich die Kuraisch an die Zeit, als Muhammad (s.a.s.) nach Medina auswanderte und ihnen die Karawanenstraße versperrte. Sie befürchteten, Abu Basir werde ebenso handeln. Sie übermittelten deshalb dem Propheten die Bitte, diese Muslime aufzunehmen, auf dass sie den Weg frei lassen würden. Damit verzichteten die Kuraisch auf das, worauf Suhail Ibn Amr bestanden hatte: auf das Zurückschicken der Muslime unter den Kuraisch nach Mekka, wenn diese ohne Einwilligung ihres Herrn zu Muhammad (s.a.s.) überliefen. Und damit war die Bedingung hinfällig, die Umar Ibn Al Chattab geärgert und Anlass gegeben hatte, Abu Bakr zu zürnen.
Die auswandernden muslimischen Frauen
Was die Frauen betrifft, die von den Kuraisch nach Medina auswanderten, so dachte Muhammad (s.a.s.) über sie anders. Umm Kulthum Bint Ukba Ibn Abu Muait wanderte nach dem Waffenstillstand aus. Da zogen ihre Brüder Umara und Al Walid aus und forderten vom Gesandten Allahs , dass er sie gemäß des Abkommens von Al Hudaibija zurückschicke. Doch der Prophet weigerte sich und urteilte, dass die Bestimmungen dieses Abkommens sich nicht auf die Frauen erstreckten. Und dass den Frauen, wenn sie darum bäten, Schutz gewährt werden müsse. Sodann war es einer Frau, wenn sie Muslimin wurde, nicht mehr gestattet, bei ihrem polytheistischen Gatten zu bleiben; die Trennung zwischen ihnen war notwendig. Hierzu wurden die Worte des Erhabenen geoffenbart:
"0 ihr die ihr glaubt, wenn gläubige Frauen als Auswanderer zu euch kommen, so prüfet sie. Allah kennt ihren Glauben am besten. Wenn ihr sie jedoch als gläubige Frauen erkennt, so schickt sie nicht zu den Ungläubigen zurück. Sie sind ihnen nicht erlaubt, noch sind jene diesen Frauen erlaubt. Und gebt ihnen, was sie ausgegeben haben.* Und es ist keine Sünde für euch, sie zu heiraten, wenn ihr ihnen ihre Mitgift gegeben habt. Und haltet nicht am Eheband mit den ungläubigen Frauen fest und verlangt, was sie ausgegeben haben. Das ist Allahs Richtspruch, und Allah richtet zwischen euch, und Allah ist allwissend und allweise. "(60, V.10)
*D.h., gebt ihren polytheistischen Ehemännern die gezahlte Mitgift zurück.
So bestätigten die Ereignisse die Weisheit, Weitsicht und politische Sorgfalt Muhammads (s.a.s.) und die Tatsache, dass mit dem Abschluss des Abkommens von Al Hudaibija eine unverrückbare Grundlage für die Politik und Ausbreitung des Islam gelegt wurde. Und genau hierin liegt der offenkundige Sieg.
Muhammads (s.a.s.) Handeln
Die Beziehungen zwischen den Kuraisch und Muhammad (s.a.s.) wurden nach Al Hudaibija vollkommen friedlich, und jeder war vor dem anderen sicher. Die Kuraisch wandten sich ganz der Ausweitung ihres Handels zu. Sie wollten wohl zurückgewinnen, was ihnen während des Krieges zwischen den Muslimen und ihnen entgangen war.
Muhammad (s.a.s.) hingegen richtete sein Denken darauf aus, wie er die Verkündigung seiner Botschaft an alle Menschen in der ganzen Welt fortsetzen könne. Er richtete seinen Blick auf die Vorbereitung der Voraussetzungen des Erfolgs, damit die Muslime auf der Halbinsel sicher wären. In Verfolgung dieser beiden Ziele schickte er Gesandte an die Könige verschiedener Staaten und vertrieb die Juden von der arabischen Halbinsel, eine Vertreibung, die nach dem Kriegszug von Chaibar ihren Abschluss fand.