29. Die Abschiedswallfahrt

 

Seit Ali Ibn Abu Talib für die muslimischen und polytheistischen Wallfahrer den Anfang der Sura "Baraa" rezitiert hatte - als Abu Bakr die Leute zur Wallfahrt führte -. und seit er ihnen - als sie sich in Mina versammelten - gemäß dem Befehl Muhammads (s.a.s.) verkündet hatte, dass kein Ungläubiger das Paradies betreten, nach diesem Jahr kein Polytheist die Wallfahrt durchführen und kein Nackter die Kaba umschreiten werde und dass, wenn einer mit dem Gesandten Allahs (s.a.s.) ein Abkommen geschlossen habe, dieses bis zum Ablauf seiner Frist gelte, waren alle Polytheisten unter den Einwohnern Arabiens davon überzeugt, dass ihnen keine Möglichkeit mehr zum Beharren auf der Götzenanbetung blieb. Und sollten sie es tun, würde ihnen der Krieg von Allah (t.) und SEINEM Gesandten erklärt werden.


So verhielt es sich mit den Bewohnern des Südens der arabischen Halbinsel, wo der Jemen und Hadramaut liegen. Die Bewohner des Hedschas und der weiter nördlich gelegenen Gebiete waren dem Islam bereits beigetreten und hatten sich dem Schutz des Banners der neuen Religion unterstellt.

 

Die Unterscheidung des Islam zwischen Heidentum und Religionen der Offenbarung

Im Süden verhielt sich die Sache zwischen dem Polytheismus und dem Christentum unterschiedlich. Die Polytheisten traten der Religion Allahs (t.) , wie wir bereits sahen, scharenweise bei und entsandten ihre Delegationen nach Medina. Sie wurden vom Propheten aufs beste willkommen geheißen, wodurch ihr Interesse für den Islam verstärkt wurde. Er setzte die meisten von ihnen wieder in ihre Führungspositionen ein, was sie veranlasste, sehr intensiv auf ihre neue Religion bedacht zu sein.
Über die Schriftbesitzer von den Juden und Christen hingegen wurden von dem, was Ali von der Sura "At Tauba" rezitierte, die folgenden Ayat geoffenbart:


"Kämpfet wider jene, denen die Schrift gegeben ward, die nicht an Allah (t.) und den Jüngsten Tag glauben und nicht verbieten, was Allah (t.) und SEIN Gesandter verboten haben, und sich nicht zur Religion der Wahrheit bekennen, bis sie die Schutzsteuer eigenhändig entrichten und demütig sind." bis zu den Worten des Erhabenen: "0 ihr, die ihr glaubt, viele von den Schriftgelehrten und Mönchen fressen fürwahr das Vermögen der Leute zu Unrecht auf und halten vom Wege Allahs ab. Und denjenigen, die Gold und Silber horten und es nicht auf dem Wege Allahs ausgeben, denen verkünde eine schmerzliche Strafe. Am Tag, da es im Feuer der Hölle glühend gemacht und damit ihre Stirn und ihre Seiten und ihr Rücken gebrandmarkt werden: "Das ist es, was ihr für euch gehortet habt; so schmeckt, was ihr gehortet habt." "(9, V.29ff)


Viele Historiker halten bei diesen Ayat der Sura "At Tauba" inne, die den Abschluss dessen bilden, was vom Qur´aan geoffenbart wurde, und fragen sich: Gab Muhammad (s.a.s.) hinsichtlich der Schriftbesitzer eine Anweisung, die sich von dem, was er die Jahre seiner Prophetenschaft hindurch befohlen hatte, unterschied? Einige Orientalisten behaupten, diese Ayat setzten die Schriftbesitzer und die Polytheisten fast gleich: Muhammad (s.a.s.) habe den Sieg über das Heidentum auf der Halbinsel erlangt, nachdem er das Judentum und das Christentum gegen das Heidentum um Hilfe gebeten hatte. Dies, indem er während der ersten Jahre seiner Prophetenschaft erklärt hatte, er sei gekommen, um die Religion Jesu, Mose, Abrahams und der früheren Gesandten zu verkünden. Dann habe er sich den Juden zugewandt, die als erste Feindschaft gegen ihn äußerten, und habe nicht von ihnen abgelassen, bis er sie von der arabischen Halbinsel vertrieben habe. Unterdessen habe er die Freundschaft der Christen gesucht, und es seien ihm Ayat geoffenbart worden, die ihren guten Glauben und ihre schöne Freundschaft preisen, und es seien ihm die Worte des Erhabenen geoffenbart worden:


"Du wirst finden, dass die den Gläubigen am meisten verfeindeten Leute die Juden sind und die, die beigesellen, und du wirst finden, dass die den Gläubigen am freundlichsten gegenüberstehenden die sind, die sagen: "Wir sind Christen." Dies ist so, weil es unter ihnen Priester und Mönche gibt und diese nicht hoffärtig sind. "(5, V.82)


Nun wende er sich dem Christentum zu und habe mit ihm vor, was er zuvor mit den Juden vorgehabt habe. Er setze deswegen die Christen denen gleich, die nicht an Allah (t.) und den Jüngsten Tag glauben. Und dazu sei er gekommen, nachdem doch die Christen seinen muslimischen Anhängern Asylrecht gewährt hatten, als sie nach Abessinien gekommen waren, um sich unter den Schutz der Gerechtigkeit des Negus zu stellen, und nachdem Muhammad (s.a.s.) den Einwohnern von Nadschran und anderen Christen geschrieben und ihnen ihre Religion sowie ihre Anbetungszeremonien zugestanden habe. Jene Orientalisten behaupten schließlich, dass es dieser Widerspruch in Muhammads (s.a.s.) Strategie gewesen sei, der später zur Zunahme der Feindschaft zwischen den Muslimen und den Christen führte, und dass er es gewesen sei, der eine Annäherung zwischen den Anhängern Jesu und den Anhängern Muhammads (s.a.s.) erschwert, ja sogar nahezu unmöglich gemacht habe.


Die oberflächliche Annahme dieses Arguments verleitet vielleicht jene, die es hören, dazu, es teilweise, wenn nicht sogar ganz für die Wahrheit zu halten. Der Ablauf der Geschichte sowie die Betrachtung der Umstände und Anlässe für die Offenbarung der Ayat lassen jedoch keinerlei Zweifel an der einheitlichen Haltung des Islam und Muhammads (s.a.s.) gegenüber den Offenbarungsreligionen vom Beginn seiner Prophetenschaft bis zu ihrem Abschluss zu. Denn der Messias, der Sohn der Maria, ist der Geist Allahs (t.) und SEIN Wort, das ER Maria gab. Und der Messias, der Sohn Marias, ist der Diener Allahs (t.) , dem ER die Schritt offenbarte, den ER zum Propheten bestimmte, den ER segnete, wo immer er war, und dem ER das Gebet und die religiöse Sozialabgabe auftrug, solange er lebte. Das ist es, was im Qur´aan vom Beginn Muhammads (s.a.s.) Prophetenschaft bis zu ihrem Ende geoffenbart wurde. Allah (t.) ist Einer, ER zeugt nicht und wurde nicht gezeugt, und keiner ist IHM gleich. Das waren der Geist und das Fundament des Islam vom ersten Augenblick an, und das ist der Geist des Islam, solange die Welt besteht.


Lange Zeit, bevor die Sura "At Tauba" geoffenbart wurde, kam eine Delegation der Christen von Nadschran zum Propheten, um mit ihm über Allah (t.) und die Gottessohnschaft Jesu zu diskutieren, und sie fragten Muhammad (s.a.s.): "Jesu Mutter ist Maria, wer aber ist sein Vater?" Darüber wurden die Worte des Erhabenen geoffenbart:


"Jesus ist vor Allah fürwahr gleich Adam; ER erschuf ihn aus Erde, dann sprach ER zu ihm: "Sei!", und er war. Die Wahrheit von deinem Herrn! Drum sei keiner der Zweifler. Und wenn einer mit dir darüber streitet, nachdem das Wissen zu dir kam, so sprich: "Kommt herbei, wir rufen unsere Söhne und eure Söhne und unsere Frauen und eure Frauen und unsere Seelen und eure Seelen. Dann flehen wir demütig und rufen den Fluch Allahs auf die Lügner herab." Dies ist gewiss die wahre Geschichte, und es gibt außer Allah keinen Gott, und Allah ist fürwahr der Allmächtige, der Allweise. Und so sie sich abwenden, so kennt Allah die Unheilstifter. Sprich: "0 Volk der Schrift, kommt herbei zu einem Wort, gleich zwischen uns und euch, dass wir außer Allah niemandem dienen und IHM in SEINER Schöpfer- und Herrscherstellung nichts beigesellen und nicht die einen von uns die anderen zu Herren nehmen neben Allah . Und so sie sich abwenden, so sprecht: "Bezeugt, dass wir Muslime sind." "(3, V.59-64)

In dieser Sura, der Sura "Al Imran", werden die Schriftbesitzer auf unnachahmliche Weise angesprochen und getadelt, weshalb sie den, der glaubt, vom Wege Allahs (t.) abhalten, und weshalb sie nicht an die Ayat Allahs (t.) glauben, obwohl es dieselben waren, mit denen Jesus, Moses und Abraham kamen, bevor ihr Sinn verdreht und bevor sie entsprechend der Neigung für die Dinge des diesseitigen Lebens und für einen nichtigen Genuss uminterpretiert wurden. In vielen Suar gehen die Worte in die gleiche Richtung wie in der Sura "Al Imran". In der Sura "Al Maida" sagt Allah (t.), der Erhabene, z.B.:


"Ungläubig sind fürwahr, die da sprechen: "Allah ist fürwahr der Dritte von drei." Und es gibt keinen Gott denn einen einzigen Gott. Und so sie nicht aufhören mit dem, was sie sagen, wird die Ungläubigen unter ihnen schmerzliche Strafe treffen. Wollen sie sich denn nicht Allah reuig zuwenden und IHN um Vergebung bitten? Und Allah ist verzeihend, barmherzig. Der Messias, der Sohn der Maria, ist nur ein Gesandter, dem bereits Gesandte vorausgingen, und seine Mutter war aufrichtig. Beide aßen Speisen. Sieh, wie wir ihnen die Zeichen deutlich erklären, alsdann sieh, wohin sie durch ihre Lügen gebracht werden. "(5, V.73-75)

Und ebenso in der Sura "Al Maida" sagt der Erhabene:
"Und als Allah sprach: "Jesus, Sohn der Maria, hast du zu den Leuten gesprochen: "Nehmet mich und meine Mutter als zwei Götter neben Allah an"?", sprach er: "Preis sei DIR! Es steht mir nicht zu, etwas zu sagen, wozu ich kein Recht habe." "(5, V.116)

Es ist die Sura "Al Maida", unter deren Ayat sich auch jene Aya befindet, mit dem die christlichen Historiker argumentieren und die sie zum Beweis dafür nehmen, dass sich die Haltung Muhammads (s.a.s.) ihnen gegenüber entsprechend der Entwicklung seiner politischen Lage wandelte, und in dem der Erhabene sagt:

"Du wirst finden, dass die den Gläubigen am meisten verfeindeten Leute die Juden sind und die, die beigesellen, und du wirst finden, dass die den Gläubigen am freundlichsten gegenüberstehenden die sind, die sagen: "Wir sind Christen." Dies ist so, weil es unter ihnen Priester und Mönche gibt und diese nicht hoffärtig sind. "(5, V.82)
Die Ayat, die in der Sura "Baraa" geoffenbart wurden und über das Volk der Offenbarungsschrift berichten, sprechen nicht über sie, was ihren Glauben an den Messias, den Sohn der Maria, betrifft, sondern über sie selbst und über ihren Polytheismus neben Allah (t.) sowie darüber, dass sie das Vermögen der Leute zu Unrecht auffressen und Gold und Silber ansammeln. Der Islam sieht darin eine Abweichung des Volkes der Offenbarungsschrift von der Religion Jesu, was dieses veranlasste zu erlauben, was Allah (t.) verbot, und in der Art derer zu handeln, die nicht an Allah (t.) und den Jüngsten Tag glauben. Dennoch macht er ihren Glauben an Allah (t.) trotz alledem zu einem Fürsprecher für sie, weshalb sie nicht den Götzendienern gleichgesetzt werden dürfen, und es genügt, dass sie die Schutzsteuer eigenhändig und demütig entrichten, wenn sie darauf beharren, Allah (t.) zum Dritten von drei zu machen und zu erlauben, was Allah (t.) verbot.

 

Das Aufeinanderfolgen der Delegationen

Jener Aufruf Alis am Tag, da Abu Bakr die Leute zur Wallfahrt geführt hatte, war ein Zeichen für den scharenweisen Beitritt der Einwohner des Südens der Halbinsel zum Islam, der Religion Allahs (t.) . Wie wir bereits erwähnten, kamen die Delegationen eine nach der anderen nach Medina, darunter Delegationen der Polytheisten und Delegationen der Schriftbesitzer. Der Prophet behandelte jeden, der zu ihm kam, gastfreundlich und sandte die Fürsten ehrenvoll in ihre Fürstenämter zurück.


Hierzu gehört, was wir bereits im vorigen Kapitel erwähnt haben; aber auch, dass Al Aschath Ibn Kais an der Spitze der Delegation von Kinda mit achtzig Reitern kam. Sie gingen zum Propheten in die Moschee, nachdem sie ihre Haarlocken gekämmt und ihre Augenlider mit Antimon geschwärzt und mit Seide gefütterte Obergewänder angelegt hatten. Als der Prophet sie sah, fragte er: "Seid ihr nicht Muslime geworden?" Sie sagten: "Doch." Er sagte: "Was soll dann diese Seide um eure Hälse!" Da zerrissen sie sie, und Al Aschath sagte zu ihm: "0 Gesandter Allahs , wir gehören zu den Banu Akil Al Murar, und du gehörst zu den Banu Akil Al Murar." Da lächelte der Prophet und bezog dies auf Al Abbas Ibn Abdul Muttalib und Rabia Ibn Al Harith.*


Wail Ibn Hudschr Al Kindi, der Fürst der Küstengebiete von Hadramaut, kam mit Al Aschath und wurde Muslim, und der Prophet bestätigte ihn in seinem Amt als Fürst unter der Bedingung, den Zehnten von den Einwohnern seines Landes einzusammeln und den Steuereinnehmern des Gesandten abzuliefern. Der Prophet beauftragte Muawija Ibn Abu Sufjan, Wail in dessen Heimat zu begleiten. Wail weigerte sich, ihn hinter sich auf seinem Reittier reiten zu lassen oder ihm seine Sandalen zu geben, damit er sich damit vor
der glühenden Hitze schützen konnte, und hielt es für ausreichend, ihn im Schatten seines Kamels laufen zu lassen. Muawija nahm dies hin, obwohl es gegen die Gleichheit unter den Muslimen und Brüderlichkeit unter den Gläubigen, die der Islam gebracht hatte, verstieß, und war auf den Islam von Muawija und seinen Leuten bedacht.

Als der Islam sich in den Gebieten des Jemen ausbreitete, schickte der Prophet Muadh zu ihrer Bevölkerung, um sie zu lehren und zu unterrichten, und wies ihn an: "Mach es leicht und nicht schwer, und verkünde frohe Botschaft und rufe keinen Widerwillen hervor. Und du wirst unter Leuten vom Volk der Offenbarungsschrift leben, die dich fragen werden: "Was ist der Schlüssel zum Paradies?" Dann antworte: "Zu bezeugen, dass es keinen Gott gibt außer Allah , DER allein ist und keinen Teilhaber in SEINER Schöpfer- und Herrscherstellung hat." " Muadh ging mit einer Gruppe von ersten Muslimen und Steuereinnehmern, um die Leute zu lehren und zwischen ihnen gemäß dem Urteil Allahs (t.) und SEINES Gesandten zu richten.
* Der Name Akil Al Murar (Murar-Esser) wurde ein Spitzname, nachdem die Vorfahren von Al Aschath in einer Schlacht gezwungen worden waren, von der bitterschmeckenden Pflanze Murar zu essen. Den Hinweis von Al Aschath auf ihre Verwandtschaft mit dem Propheten (s.a.s.)bezog dieser auf seinen Onkel Al Abbas und seinen Vetter Rabia, deren Mütter aus dem Stamm Kinda, dem auch Al Aschath angehörte, kamen.

 

Die Einheit der Araber unter dem Schutz des Islam

Durch die Ausbreitung des Islam in den Gebieten der Halbinsel von Ost bis West und Nord bis Süd entstand eine einzige Nation. Sie stand unter dem Schutz einer einzigen Flagge: der Flagge Muhammads, des Gesandten Allahs (s.a.s.). Und alle nahmen eine Religion an: den Islam. Und alle wandten ihre Herzen der Anbetung Allahs (t.) zu, DER allein ist und keinen Teilhaber in SEINER Schöpfer- und Herrscherstellung hat. Bis vor zwanzig Jahren waren sie miteinander streitende Stämme gewesen, von denen der eine den anderen überfiel, wenn immer er dabei eine Beute witterte. Indem sie sich dem Banner des Islam unterwarfen, wurden sie von der Unreinheit des Götzentums gereinigt und waren mit dem Urteil des Einen und Allmächtigen zufrieden. Deswegen hörten die Streitigkeiten zwischen den Bewohnern der Halbinsel auf, und es gab keinen Platz mehr für Überfall oder Streit, und niemand brauchte mehr sein Schwert zu ziehen, es sei denn, um seine Heimat zu verteidigen oder einen Angreifer gegen die Religion Allahs (t.) abzuwehren

 

Die Annahme des Islam vom Volk der Offenbarungsschrift

Dennoch behielt eine Gruppe der Christen von Nadschran ihre Religion bei, worin sie sich von den meisten ihrer Leute von den Banu Al Harith unterschieden, die dem Islam bereits beigetreten waren. Zu ihnen schickte der Prophet Chalid Ibn Al Walid, der sie zum Islam aufrufen sollte, auf dass sie vor seinem Angriff sicher wären. Und kaum hatte sie Chalid aufgefordert, traten sie dem Islam bei. Hierauf schickte Chalid eine Delegation von ihnen nach Medina, die der Prophet willkommen hieß und freundschaftlich empfing.

 

Die letzte Delegation nach Medina

Einer der Gruppe der Bevölkerung des Jemen fiel es schwer, sich dem Banner des Islam zu unterwerfen, weil der Islam im Hedschas aufgekommen war und der Jemen es gewohnt war, den Hedschas zu unterwerfen und nicht umgekehrt der Hedschas den Jemen.


Zu ihnen sandte der Prophet Ali Ibn Abu Talib, um sie zum Islam aufzurufen. Sie zeigten sich anfangs jedoch überheblich und antworteten auf den Aufruf Alis mit einem Angriff. Doch dauerte es nicht lange, bis Ali sie trotz seines geringen Alters und der nur dreihundert Reiter, die mit ihm waren, auseinander trieb. Die in die Flucht Geschlagenen machten wieder kehrt, um ihre Reihen neu zu ordnen. Aber Ali umzingelte sie und verbreitete in ihren Reihen Schrecken. Es blieb ihnen schließlich nichts anderes übrig, als sich zu ergeben. Sie nahmen den Islam an - und ihr Islam war von angenehmer Art - und hörten den Lehren von Muadh und seinen Gefährten zu. Ihre Delegation war die letzte Delegation, die der Prophet vor seinem Tod in Medina empfing.

 

Vorbereitung des Propheten auf die Wallfahrt

Während Ali sich anschickte, nach Mekka zurückzukehren, bereitete sich der Prophet auf die Wallfahrt vor und wies die Leute an, dies ebenfalls zu tun, denn die Monate des Jahres waren dahingegangen, und der Monat Dhul Kida ging bereits seinem Ende zu. Der Prophet hatte die große Wallfahrt noch nicht gemacht, wenn er auch bereits zur Umra gewesen war und damit die kleine Wallfahrt zuvor zweimal vollzogen hatte. Es gibt Zeremonien beim Haddsch, bei denen er (s.a.s.) den Muslimen ein Vorbild sein musste.


Kaum hatten die Leute erfahren, dass der Entschluss des Propheten und sein Aufruf an sie, mit ihm zur Wallfahrt zu ziehen, feststanden, verbreitete sich dieser Aufruf überall auf der Halbinsel. Die Menschen kamen aus allen Richtungen zu Tausenden nach Medina: aus den Städten, den Wüstengegenden und von den Bergen und jedem Fleck dieser ausgedehnten arabischen Länder, die alle das Licht Allahs (t.) und das Licht SEINES edlen Propheten erleuchtete. Um Medina herum wurden für einhunderttausend oder mehr die Zelte aufgeschlagen. Sie kamen, um dem Aufruf ihres Propheten, des Gesandten Allahs (s.a.s.) zu folgen. Sie kamen als Brüder, die sich einander kannten und die die aufrichtige Liebe und die islamische Brüderlichkeit zusammengebracht hatte, während sie wenige Jahre zuvor noch miteinander zerstrittene Feinde gewesen waren. Diese Tausende und Abertausende begannen alle mit lächelnden Gesichtern, leuchtendem Äußeren und strahlender Stirn durch Medina zu ziehen. Ihr Zusammenkommen kennzeichnet den Sieg der Wahrheit und die Ausbreitung des Lichts Allahs (t.) auf eine Art, die sie untereinander verband und sie alle wie zu einem massiven Gebäude machte.

 

Aufbruch der Muslime zur Wallfahrt

Am 25. Dhul Kida des zehnten Jahres der Hidschra brach der Prophet auf und nahm all seine Frauen mit sich, eine jede in ihrer Sänfte. Er zog aus, gefolgt von dieser zahlreichen Menge, von der einige Historiker sagen, sie habe 90.000, und andere sagen, sie habe 114.000 Seelen betragen. Sie machten sich vom Glauben angetrieben auf den Weg, und aufrichtige Freude erfüllte ihre Herzen wegen ihres Zugs zum heiligen Haus Allahs (t.) , wo sie die Pflichten der großen Wallfahrt ausüben würden. Als sie Dhul Hulaifa erreichten, lagerten sie und verbrachten dort die Nacht.

 

Al Ihram und At Talbija

Am nächsten Morgen setzten der Prophet und die Muslime sich in den Zustand des Ihram*, und jeder von ihnen bekleidete sich mit seinem Lenden- und Schultertuch. Ein einheitliches Gewand vereinte sie, das einfachste Gewand, das es gibt. Dadurch brachten sie die Gleichheit in ihrer höchsten und nachdrücklichsten Bedeutung zum Ausdruck. Muhammad (s.a.s.) wandte sich mit ganzem Herzen seinem Herrn zu und rief die Talbija**, und so taten es die Muslime hinter ihm: "DIR zu Diensten, o Allah , DIR zu Diensten, DIR zu Diensten. DU hast keinen Teilhaber, DIR zu Diensten. Das Lob und die Gunstbezeigung und der Dank gebühren DIR, DIR zu Diensten, DIR zu Diensten. DU hast keinen Teilnehmer, DIR zu Diensten." Die Täler und Wüsten hallten von diesem Ruf wider, alle riefen mit der Talbija gläubig und anbetend ihren Schöpfer.


Der Zug von Tausenden und Zehntausenden brach auf, um den Weg zwischen der Stadt des Gesandten und der Stadt der heiligen Moschee zurückzulegen. Sie hielten bei jeder Moschee inne, um dort ihr Pflichtgebet zu verrichten, und erhoben die Stimmen mit der Talbija aus Gehorsam gegenüber Allah (t.) und aus Dankbarkeit für SEINE Wohltat. Sie erwarteten den Tag der großen Wallfahrt voller Ungeduld und sehnsüchtigen Herzens, das von Leidenschaft und Liebe für das Haus Allahs (t.) erfüllt war. Die Wüsten, Gebirge, Täler und blühenden Pflanzen der Halbinsel waren erstaunt ob dem, was sie hörten, und das Echo von etwas, was sie nie gekannt hatten, bevor sie durch diesen Propheten, den ungelehrten Diener und Gesandten Allahs , gesegnet wurden, hallte in ihnen wider.


*
Weihezustand für die Wallfahrt. Die Pilger legen dabei ein Gewand an, das aus zwei ungesäumten Tüchern besteht, von denen eins um die Lenden und das andere über die Schulter geschlagen wird.
**
Talbija ist der im folgenden Text wiedergegebene Ausruf, der von alten Pilgern im Chor gerufen wird.

 

Ersatz durch die Umra

Als die Leute Sarif, einen Ort zwischen Mekka und Medina erreichten, sagte Muhammad (s.a.s.) zu seinen Gefährten: "Wer von euch kein Opfertier bei sich hat und eine Umra machen will, soll es tun, und wer ein Opfertier dabei hat, der nicht."


Die Pilger erreichten Mekka am 4. Dhul Hiddscha. Der Prophet und die Muslime hinter ihm gingen eilig zur Kaba, dann berührte er den schwarzen Stein, küsste ihn, und umschritt das Haus siebenmal, wobei er die ersten drei Male schnell ging, wie er es bei der vereinbarten Umra getan hatte. Nachdem er beim Makam Ibrahim gebetet hatte, kehrte er zurück und küsste den schwarzen Stein erneut. Dann ging er aus der Moschee heraus zum Hügel As Safa und lief zwischen As Safa und Al Marwa.


Muhammad (s.a.s.) rief dann zu den Leuten, dass, wer kein Opfertier dabei habe, um es zu schlachten, nicht im Zustand des Ihram bleiben dürfe. Einige zögerten, und der Prophet erzürnte ob dieses Zögerns aufs heftigste und sagte:


"Was ich euch befehle, das tut." Dann betrat er zornig sein Zelt. Da fragte ihn Aischa: "Wer erzürnte dich?" Er erwiderte: "Wie sollte ich nicht erzürnt sein, wenn ich etwas befehle und es nicht befolgt wird?" Einer seiner Gefährten trat ein, als er immer noch zornig war, und sagte: "Wer dich erzürnt, o Gesandter Allahs , den wird Allah ins Feuer eingehen lassen." Da war die Antwort des Gesandten: "Hast du nicht gemerkt, dass ich den Leuten etwas befohlen habe, und sie zögerten! Hätte ich vor mir, was ich hinter mir habe, würde ich kein Opfertier mit mir führen, ohne es zu verkaufen. Sodann würde ich wie sie den Weihezustand beenden." So berichtet es Muslim.*


Als die Muslime vom Zorn des Gesandten Allahs erfuhren, beendeten Tausende von Leuten mit Bedauern ihren Zustand des Ihram, und mit ihnen taten dies die Frauen des Propheten und seine Tochter Fatima. Nur jene mit Opfertieren blieben in ihrem Ihram.


*Muslim Ibn Haddschadsch, 817 - 865 n. Chr., Verfasser des Werkes "Sahih", der zweiten koranischen Hadith-Sammlung.

 

Alis Rückkehr aus dem Jemen

Während die Muslime auf ihrer Wallfahrt waren, kam Ali von seinem Kriegszug gegen den Jemen zurück. Er setzte sich in den Zustand des Ihram, als er erfahren hatte, dass der Gesandte Allahs die Leute zur Wallfahrt führte. Er trat bei Fatima ein und fand, dass sie ihren Ihram bereits beendet hatte. Da befragte er sie, und sie erzählte, dass der Prophet ihnen befohlen habe, ersatzweise die Umra durchzuführen.


Dann ging Ali zum Propheten und berichtete ihm die Neuigkeiten seines Marsches in den Jemen. Als er seinen Bericht beendet hatte, sagte der Prophet zu ihm: "Geh, und umschreite das Haus und beende den Ihram, so wie es deine Gefährten taten." Ali entgegnete: "0 Gesandter Allahs , ich habe die Talbija gerufen wie du." Der Prophet sagte: "Geh zurück und beende den Ihram, wie deine Gefährten es taten." Ali erwiderte: "0 Gesandter Allahs , als ich den Ihram anlegte, sagte ich: "0 Allah , ich preise DICH mit dem, womit DICH DEIN Prophet, DEIN Diener und DEIN Gesandter Muhammad gepriesen hat." " Da fragte ihn der Prophet, ob er ein Opfertier bei sich habe. Als Ali verneinte, beteiligte ihn Muhammad (s.a.s.) an seinem Opfertier. Da blieb Ali in seinem Ihram und verrichtete die Zeremonien der großen Pilgerfahrt.

 

Die Verrichtung der Zeremonien des Haddsch

Am achten Dhul Hiddscha, dem Tag von Tarwija*, zog Muhammad (s.a.s.) nach Mina, wo er sich in seinem Zelt aufhielt und die Pflichtgebete des Tages betete. Dort verbrachte er die Nacht bis zum Morgengrauen des Tags des Haddsch. Er betete das Morgengebet und bestieg bei Sonnenaufgang seine Kamelstute Al Kaswa und begab sich auf ihr zum Berg Arafat. Die Leute folgten ihm. Als er den Berg bestieg, umgaben ihn Tausende von Muslimen, die ihm in seinem Zug folgten, darunter welche, die die Talbija, und welche, die "Allahu akbar"** riefen. Er hörte das und zeigte weder gegenüber diesen noch gegenüber jenen Missbilligung.


Dem Propheten wurde in Namira, einem Dorf östlich von Arafat, ein Zelt aufgeschlagen, wie er befohlen hatte. Als die Sonne unterging, befahl er, seine Kamelstute Al Kaswa zu satteln, dann zog er los, bis er das Talinnere im Gebiet von Urana erreichte, wo er sich, immer noch auf seinem Kamel, mit lauter Stimme an die Leute wandte. Trotz der lauten Stimme wiederholte Rabia Ibn Umaija Ibn Chalaf jeweils Satz für Satz.


*
Dieser Tag, an dem die Pilger sich nach Mina begeben, heißt einer Erklärung zufolge so, weil an diesem Tag der Pilgerführer den Muslimen die Zeremonien des Haddsch vorträgt (arab.: jarwi}, und einer anderen Erklärung zufolge so, weil die Muslime an diesem Tag Wasser trinken (jartawun).
**
Allah (t.) ist am größten

 

Die umfassende Ansprache des Gesandten

Nachdem Muhammad (s.a.s.) Allah (t.) gelobt und gepriesen hatte, sagte er:
"0 Leute, hört meine Rede, denn ich weiß nicht, ob ich euch nach diesem Jahr an diesem Ort überhaupt noch einmal treffen werde.
0 Leute, euer Blut und euer Vermögen sind euch unverletzlich, bis ihr euren Herrn trefft, so wie dieser euer Tag unverletzlich ist, und wie dieser euer Monat unverletzlich ist.
Und ihr werdet euren Herrn treffen und ER wird euch über eure Taten befragen, und ich habe bereits berichtet.
Wenn einer von euch ein anvertrautes Gut hat, so soll er es dem zurückgeben, der es ihm anvertraut hat.  Jeder Wucher ist ungültig, doch steht euch euer Kapital zu, ohne dass ihr Unrecht tut oder euch Unrecht getan wird.
Allah entschied, dass es keinen Wucher geben soll, und aller Wucher seitens Abbas Ibn Abdul Muttalib ist ungültig.
Alle Blutrache aus der vorislamischen Zeit der Unwissenheit ist ungültig, und die erste Blutrache, die ich für ungültig erkläre, ist die Blutrache für Ibn Rabia Ibn Al Harith Ibn Abdul Muttalib...


Alsdann, o Leute, der Satan hat die Hoffnung aufgegeben, in diesem eurem Land jemals angebetet zu werden. Wenn man ihm jedoch in anderen Dingen gehorcht, so ist er dabei bereits mit Taten von euch zufrieden, die ihr für unbedeutend haltet. Nehmt euch also eurer Religion wegen vor ihm in acht.


0 Leute, die Kalendermanipulation bedeutet eine Zunahme des Unglaubens und führt die Ungläubigen irre. Sie lassen sie in einem Jahr zu und in einem anderen Jahr nicht, um der Zeitspanne, die Allah für heilig erklärt hat, zu entsprechen. Auf diese Weise erlauben sie, was Allah verboten hat, und verbieten, was Allah erlaubt hat.


Die Zeit läuft ab, wie sie am Tage ablief, da Allah die Himmel und die Erde erschuf; und fürwahr, die Zahl der Monate beträgt bei Allah zwölf Monate, davon sind vier heilig, drei aufeinanderfolgende* und der Radschab zwischen Dschumada und Schab an als einzelner. Alsdann, o Leute, ihr habt ein Recht an euren Frauen, und sie haben ein Recht an euch. Ihr habt ihnen gegenüber das Recht, dass sie mit niemandem in euer Bett gehen, was ihr verabscheut; und es obliegt ihnen, dass sie nicht mit einer offenkundigen Schandtat daherkommen. Wenn sie es aber tun, so hat Allah euch bereits erlaubt, euch von ihnen in den Betten zu trennen und sie leicht zu schlagen. Und wenn sie damit aufhören, so stehen ihnen ihre Versorgung und Bekleidung mit geziemendem Entgegenkommen zu. Und behandelt eure Frauen gut, denn sie sind auf euch angewiesen und besitzen nichts für sich selbst. Ihr habt sie nur als anvertrautes Gut von Allah genommen, und ihr habt ihre Scham aufgrund der Worte Allahs für erlaubt gehalten.


Versteht, o Leute, meine Worte, die ich nun überbracht habe. Ich hinterlasse euch etwas, wodurch ihr, wenn ihr daran festhaltet, nie irregehen werdet, eine klare Sache: die Schrift Allahs und die Sunna** SEINES Gesandten. 0 Leute, hört meine Worte und begreift sie. Wisst, dass jeder Muslim dem Muslim ein Bruder ist, und dass die Muslime Brüder sind. Es ist niemandem von seinem Bruder etwas erlaubt, außer was dieser ihm freiwillig gibt, behandelt euch also nicht gegenseitig ungerecht. 0 Allah , habe ich DEINE Botschaft übermittelt?!"


Der Prophet trug dies vor, und Rabia wiederholte es nach ihm Satz für Satz und fragte die Leute währenddessen, damit sie aufmerksam blieben. Der Prophet trug ihm zum Beispiel auf, sie zu fragen: "Der Gesandte Allahs fragte: "Wisst ihr, welcher Tag heute ist?" " Da entgegneten sie: "Der Tag der großen Wallfahrt." Darauf sagte der Prophet: "Sage ihnen: "Allah hat euer Blut und euer Vermögen für euch für unverletzlich erklärt, bis ihr euren Herrn trefft, so wie dieser euer Tag heilig ist." Als er zum Abschluss seiner Rede kam und sagte: "0 Allah , habe ich DEINE Botschaft übermittelt", antworteten die Leute von allen Seiten: "Ja". Da sagte er: "0 Allah , ich bezeuge."


*Diese sind: Dhul Kida, Dhul Hiddscha und Muharram.
**Brauch, Gepflogenheit. Der Begriff bezeichnet hier alles, was der Gesandte Allahs (s.a.s.) in dieser seiner Eigenschaft sagte, tat und billigte

 

"Heute habe ICH für euch eure Religion vollendet"

Als der Prophet seine Rede beendet hatte, stieg er von seiner Kamelstute Al Kaswa ab und blieb, bis er das Mittags- und Nachmittagsgebet gebetet hatte. Dann ritt er auf ihr, bis er As Sacharat erreichte. Dort rezitierte er den Leuten die Worte des Erhabenen:
"Heute habe ICH für euch eure Religion vollendet und MEINE Gnade an euch erfüllt und für euch den Islam als Religion erkoren.".(5, V.3)
Als Abu Bakr diese Worte hörte, weinte er, da er spürte, dass der Prophet seine Botschaft bereits zum Abschluss gebracht hatte und der Tag, an dem er seinen Herrn treffen würde, nahe war.


Der Prophet verließ Arafat und verbrachte die Nacht in Al Muzdalifa. Am Morgen brach er auf und lagerte bei Al Maschar Al Haram. Dann ging er nach Mina und warf auf dem Weg dorthin symbolisch Steine gegen den Teufel. Als er sein Zelt erreicht hatte, schlachtete er 63 Kamele, für jedes Jahr seines Lebens eins. Ali schlachtete den Rest der hundert Opfertiere, die der Prophet seit seinem Auszug aus Medina mitgeführt hatte. Dann rasierte der Prophet sein Kopfhaar und brachte seine Wallfahrt zum Abschluss, eine Wallfahrt, die einige die "Abschiedswallfahrt", andere die "Wallfahrt der Übermittlung" und wieder andere die "Wallfahrt des Islam" nennen. In der Tat war sie alles; denn sie war die Abschiedswallfahrt, während der Muhammad (s.a.s.) Mekka und die heilige Moschee zum letzten Mal gesehen hatte; und sie war die Wallfahrt des Islam, während der Allah (t.) den Menschen ihre Religion vollendet und SEINE Gnade an sie erfüllt hatte; und sie war die Wallfahrt der Übermittlung, während der der Prophet seine Mitteilung dessen an die Leute zum Abschluss brachte, was Allah (t.) ihm zu überbringen befohlen hatte. Und Muhammad (s.a.s.) war nur ein Warner und Freudenverkünder für Leute, die glauben.

 

 

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