4-Die Kindheit des Propheten
Inhalt des Kapitels
Das Jahr des Elefanten (570 n. Chr.)
Die Araber hörten hiervon und fürchteten den Ausgang. Es war etwas Unerhörtes für sie, dass ein Abessinier sich erdreistete, das Haus ihrer Wallfahrt und den Ort ihrer Götzen einreißen zu wollen. Ein Mann, der bei den Jemeniten hohes Ansehen genoss und Dhu Nafar genannt wurde, rief sein Volk und die übrigen Araber zum Kampf gegen Abraha auf, um ihn dadurch von der beabsichtigten Zerstörung des Hauses Allahs (t.) abzuhalten. Aber Dhu Nafar wie auch Nufail Ihn Habib Al Chathami, der Führer der beiden Stämme Schahran und Nahis, vermochten der Stärke Abrahas nicht standzuhalten und wurden besiegt und gefangengenommen. Nufail erbot sich sogar als Führer für Abraha und dessen Heer.
Als Abraha nach At Taif kam, sagten ihm dessen Bewohner, dass ihr Haus nicht das sei, das er suche. Es sei vielmehr das Haus von Al Lat. Sie schickten jemanden mit ihm, der sie nachMekka führen konnte. Kurz vor Mekka entsandte Abraha berittene Boten aus dem Heer, um die Lage für ihn zu erkunden. Sie brachten ihm Besitztümer der Bewohner Tihamas von denKuraisch und anderen, darunter hundert Kamele von Abdul Muttalib Ibn Haschim.Die Kuraisch und die übrigen Bewohner Mekkas beabsichtigten zunächst, ihn zu bekämpfen, erkannten aber sehr schnell, dass dies über ihre Kräfte ging.
Abraha schickte einen seiner Männer namens Chunata Al Chimjari, der nach dem Herrn von Mekka fragen sollte. Er wurde zu Abdul Muttalib Ibn Haschim geführt und überbrachte ihm die Botschaft Abrahas: Dass er nicht des Krieges wegen gekommen sei, sondern um das Haus niederzureißen; und wenn Mekka sich ihm nicht widersetze, gäbe es keinen Grund, das Blut seiner Bewohner zu vergießen. Abdul Muttalib erklärte, dass sie keinen Krieg wollten, und Chunata kehrte mit ihm und einigen seiner Söhne und den Oberen Mekkas zum Heerlager zurück.
Abraha ehrte die Delegation Abdul Muttalibs und gab ihm seine Kamele zurück. Er weigerte sich jedoch strikt, die Frage der Kaba und seinen Verzicht auf ihre Zerstörung zu erörtern, und wies zurück, was ihm die Delegation hinsichtlich des Ablieferns von einem Drittel des Reichtums von Tihama an ihn anbot. Abdul Muttalib und seine Leute kehrten nach Mekka zurück. Er riet den Menschen, die Stadt in Richtung der Berge zu verlassen; er fürchtete, Abraha und sein Heer würden in die heilige Stadt einmarschieren, um dann das alte Haus zu zerstören.

Es war eine finstere Nacht, in der das Volk erwog, seine Stadt kampflos zu verlassen. Abdul Muttalib machte sich mit einer Schar der Kuraisch auf, umfasste den Türring der Kaba und ließ sie die Götter gegen den Angriff auf das Haus Allahs (t.) um Hilfe anrufen. Als sie fortgingen und Mekka hinter ihnen verlassen zurückblieb und es für Abraha an der Zeit war, sein Heer vollenden zu lassen, wozu er entschlossen war, und das Haus niederzureißen und in den Jemen zurückzukehren, breiteten sich im Heer die Pocken aus und begannen, die Reihen mit einer bis dahin nicht erlebten Schnelligkeit zu lichten.
Vielleicht waren die Krankheitserreger mit dem Wind aus der Richtung des Meeres gekommen. Die Krankheit befiel auch Abraha, und er entschloss sich, seinem Volk die Rückkehr in den Jemen zu befehlen. Jene, die den Weg gezeigt hatten, flohen, und einige von ihnen starben. Die Seuche nahm mit jedem Tag an Heftigkeit zu, und jeden Tag starben Soldaten, ohne dass einer von ihnen darauf vorbereitet gewesen wäre.Als Abraha Sana * erreichte, war sein Körper durch die Krankheit bereits verfallen. Er lebte nur noch kurz, bis er schließlich denen, die aus seinem Heer bereits gestorben waren, in den Tod folgte.
Die Mekkaner gaben aufgrund dieses Ereignisses jenem Jahr in ihrer Zeitrechnung den Namen "das Jahr des Elefanten". Und der Qur´aan verewigt es durch seine Worte:"Hast du nicht gesehen, wie dein Herr mit den Elefantenbesitzern verfuhr? Führte ER nicht ihren Anschlag in die Irre und sandte gegen sie Schwärme von Vögeln, die sie mit Steinen aus Ton bewarfen? Und so machte ER sie gleich abgefressenen Halmen."
***die damalige Hauptstadt des Jemen.
**Qur´aan, Sura 105, Ayat 1-5.
Die Stellung Mekkas nach dem Jahr des Elefanten
Dieses einzigartige und erstaunliche Ereignis stärkte sowohl die religiöse Stellung Mekkas als natürlich auch seine Bedeutung für den Handel. Es ließ seine Bewohner nur noch an die Erhaltung dieses erhabenen und besonderen Ranges und an die Bekämpfung eines jeden denken, der sie zu mindern oder anzugreifen versuchte.
Das Streben der Mekkaner nach einer Stellung für ihre Stadt, die ihnen Überfluss und Wohlstand - soweit man sich dies in jener öden kahlen Wüstengegend vorstellen kann - ermöglichte, nahm immer mehr zu. Sie hatten ein heißes Verlangen nach Wein und fanden am durch ihn hervorgerufenen Rausch berückende Glückseligkeit, eine Glückseligkeit, die es ihnen erleichterte, ihren Leidenschaften Lauf zu lassen und in den Sklavinnen und Sklaven, die sie dingten und kauften, um Annehmlichkeiten zu finden, die sie im höchsten Maß begehrten.
Dieses wiederum erweckte in ihnen das Verlangen nach ihrer Freiheit und der Freiheit ihrer Stadt sowie nach Wachsamkeit und der Verteidigung derselben und in der Abwehr eines jeden ruchlosen Angreifers, der Feindschaft gegen Mekka hegte.Am liebsten war es ihnen, ihre nächtlichen Unterhaltungen und Trinkgelage in der Stadtmitte um die Kaba herum abzuhalten. Dort saßen in der Nähe von dreihundert oder mehr Götzen, von denen jedem der Stämme einer oder mehrere gehörten, die Oberen der Kuraisch und die Ältesten Mekkas. Jeder von ihnen berichtete über Neuigkeiten der Wüste, des Jemen und der Sippe Al Manadhira in Al Hira und der Al Ghasasina in Asch Scham, über das, was die Karawanen zurückgebracht hatten, und was die Wüstenbewohner einander erzählten. Ein Stamm gab sie an den anderen weiter, und jeder Stamm hatte einen drahtlosen Sender und Empfänger, der die Nachrichten empfing und weiterverbreitete:
Er erzählte alles, worauf er anNeuigkeiten der Wüste stieß, und gab die Berichte seiner Nachbarn und Gefährten wieder, trank seinen Wein und bereitete sich nach der nächtlichen Unterhaltung bei der Kaba auf eine seine Begierden noch mehr befriedigende und seine Lüste noch mehr zufriedenstellende nächtliche Unterhaltung vor.Die Götzen schauten mit ihren steinernen Augen auf all diese Versammlungen herab, und die Teilnehmer befanden sich dort im Schutz, den die Kaba als heiliges Haus und Mekka als sichere Stadt boten.
Die Götzen hatten für sie dafür zu sorgen, dass kein Schriftbesitzer Mekka betrat, es sei denn ein Bediensteter, der nicht über seine Religion bzw. seine heilige Schrift sprach. Deswegen gab es dort auch keine Kolonien von Juden wie in Jathrib oder von Christen wie in Nadschran. Vielmehr war seine Kaba das Allerheiligste des Heidentums, das es vor jedem Angriff schützte und vor jedem Feind Zuflucht bot. Somit war Mekka in sich selbst so unabhängig, wie es auch die arabischen Stämme in sich selbst waren und ließ sich seine Ungebundenheit durch nichts nehmen. Er war an keinem anderen Leben als diesemder Unabhängigkeit im Schütze seiner Götzen interessiert.
Kein Stamm fügte einem anderen Schaden zu, und keiner der Stämme dachte an einen Zusammenschluss, um eine starke, nach Beherrschung und Eroberung strebende Gemeinschaft wie die Römer oder die Perser zu bilden. Deshalb blieben alle Stämme, denen nur die Lebensweise der Wüste eigen war, dabei, im Schatten der Weide ihre Zuflucht zu nehmen. Sie lebten in ihrem Schutz ein raues Leben, das sie aber all das lieben ließ, was es an Unabhängigkeit, Freiheit, Stolz und Reitkunst beinhaltete.
Die Häuser der Mekkaner standen im Kreis um die Kaba und waren je nach Verehrungswürdigkeit und Bedeutung der einzelnen Familien und Stammesabteilungen mehr oder weniger von ihr entfernt. Die Kuraisch hatten die Häuser am nächsten und die engste Verbindung zu ihr, so wie sie auch ihr Wächteramt (sidana) und das Amt der Tränkung (sikaja) durch das Wasser von Zamzam und sämtliche Ehrentitel des Heidentums innehatten. Wegen jener Ämter und Titel waren Kriege entbrannt, in deren Verlauf Bündnisse und Friedensverträge zwischen den Stämmen geschlossen wurden, deren Niederschriften in der Kaba aufbewahrt wurden.
Ihre Götter sollten bezeugen, was darin stand, auf dass ihr Zornauf die falle, die die Bestimmungen verletzten.Hinter den Wohnungen der Kuraisch kamen die der weniger bedeutenden Stämme, dann die der Sklaven und der Verachteten. Die Christen und Juden waren in Mekka - wie schon erwähnt - Sklaven. Ihr Platz war in denen von der Kaba entfernten, an die Wüste angrenzenden Wohnungen. So war alles, was sie von ihren religiösen Geschichten erzählten, weit genug entfernt, um die Ohren der Edlen und der Kuraisch und der angesehenen Bewohner der heiligen Stadt zu erreichen. Diese Entfernung erlaubte es ihnen, ihre Ohren davor zu verschließen, was auch bewirkte, dass es sie nicht beunruhigte. Sie hatten desgleichen bereits auf ihren Reisen gehört, wenn sie an einem der Klöster oder einer der Mönchsklausen vorbeigekommen waren.
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Ein historischer Foto anfang 20. Jh |
Was man sich jedoch von einem Propheten zu erzählen begann, der unter den Arabern erscheinen sollte, raubte manchem den Schlaf. Abu Sufjan tadelte eines Tages Umaija Ibn Abu As Salt wegen dessen ständigen Wiederholens, was die Mönche hierüber berichteten. Vielleicht war es gar nicht so ungerechtfertigt von Abu Sufjan, zu seinem Gefährten zu sagen: "Diese Mönche reden das, weil sie über die Dinge ihrer eigenen Religion in Unkenntnis sind, und deshalb bedürfen sie eines Propheten, der sie entsprechend unterrichtet.
Wir aber haben unsere Götzen, damit sie uns Allah (t.) näher bringen, und darum brauchen wir so etwas nicht. Es ist unsere Pflicht, dass wir jedem derartigen Bericht entgegentreten" Er hatte das Recht, so zu sprechen, denn in seiner fanatischen Begeisterung für Mekka und sein Heidentum konnte er nicht ahnen, dass die Stunde der Rechtleitung gekommen war. Dass das Prophetentum Muhammads (s.a.s.) unmittelbar bevorstand und dass vom abgelegenen heidnischen Arabien die ganze Welt vom Licht des Monotheismus und vom Wort der Wahrheit erleuchtet werden sollte.
Abdullah Ibn Abdul Muttalib war ein Jüngling von besonders schönem Aussehen. Deshalb bewunderten ihn die Frauen Mekkas. Die Geschichte von der Auslöse und den hundert Kamelen, deren weniger den Gott Hubal nicht zufrieden stellten, vermehrte ihre Bewunderung. Die göttliche Vorsehung hatte Abdullah jedoch bereits für die ehrenvollste Vaterschaft, die die Geschichte kannte, und Amina Bint Wahb dafür ausersehen, die Mutter von Abdullahs Sohn zu sein. So heiratete er sie. Nur wenige Monate danach starb er, und keine Auslöse - gleich welcher Art - konnte ihn vor dem Tod retten. Amina blieb zurück, um Muhammad (s.a.s.) zu gebären und zu sterben, als er noch ein kleines Kind war.
Abdul Muttalib hatte die siebzig bereits überschritten oder gerade erreicht, als Abraha den Angriff auf Mekka und die Zerstörung des alten Hauses versuchte. Sein Sohn Abdullah war vierundzwanzig Jahre alt, als er sich entschied, ihn zu verheiraten. Er wählte für ihn Amina aus, die Tochter des Wahb Ibn Manaf Ibn Zuhra, der damals das Oberhaupt und der Angesehenste des Stammes der Banu Zuhra war. Er zog mit ihm zum Lager der Banu Zuhra, trat bei Wahb ein und hielt für Abdullah um dessen Tochter an. Einige Historiker behaupten, er sei zu Aminas Onkel Uhaib gegangen, da ihr Vater bereits verstorben war und sie unter der Obhut ihres Onkels stand. Am selben Tag, an dem Abdullah Amina heiratete, vermähltesich Abdul Muttalib mit der Tochter ihres Onkels, Hala, und sie gebar ihm Hamza, des Propheten gleichaltrigen Onkel.
Abdullah blieb dem Brauch der Araber entsprechend mit Amina drei Tage im Haus ihrer Angehörigen, als die Heirat im Haus der Braut vollzogen wurde. Als er mit ihr ins Lager der Banu Abdul Muttalib gezogen war, lebte er noch nicht lange mit ihr zusammen, als er schon eine Handelsreise nach Asch Scham antrat und sieschwanger zurückließ.Die Berichte über Abdullah, und ob er neben Amina noch andere Frauen heiratete oder andere Frauen ihn heiraten wollten, gehen auseinander. Der Wissensstand reicht jedoch kaum aus, um derartigen Berichten genauer auf den Grund zu gehen. Alles, was mit Sicherheit gesagt werden kann, ist, dass Abdullah ein gutaussehender und kräftiger Jüngling war.
So ist es nicht verwunderlich, dass andere Frauen neben Amina auf eine Heirat mit ihm hofften. Als er sie heiratete, wurde den anderen zunächst einmal die Grundlage dieser Hoffnung entzogen. Aber wer weiß! Vielleicht warteten sie lediglich auf die Rückkehr von seiner Reise nach Asch Scham, um neben Amina seine Gattinnen zu werden.Abdullah verweilte auf seiner Reise einige Monate in Ghazza. Auf seinem Rückweg machte er bei seinen Onkeln in Medina halt, um sich von den Mühen der Reise auszuruhen und danach mit einer Karawane nach Mekka aufzubrechen. Er wurde jedoch bei ihnen krank, und seine Gefährten ließen ihn zurück und unterrichteten nach ihrer Ankunft in Mekka seinen Vater über seine Krankheit. Daraufhin entsandte Abdul Muttalib sogleich Al Harith, den ältesten seiner Söhne, nach Medina, damit er mit seinem Bruder nach dessen Genesung zurückkehre.
Tod und Hinterlassenschaft Abdullahs
Als Al Harith Medina erreichte, erfuhr er, dass Abdullah einen Monat nach der Abreise der Karawane nach Mekka gestorben und dort begraben war. Er kehrte um, den Tod seines Bruders seinen Angehörigen zu verkünden. Die Herzen von Abdul Muttalib und Amina wurden von Kummer und Traurigkeit bewegt, denn Amina verlor ihren Gatten, von dessen Leben sie sich Glück und Wohlstand erhofft hatte, und Abdul Muttalib hatte ihn so sehr geliebt, dass er ihn von seinen Göttern durch eine derartige Auslösung errettet hatte, wie es die Araber zuvor noch nie gehört hatten.
Abdullah hinterließ fünf Kamele, eine Schafherde und die Sklavin Umm Aiman, die später den Propheten aufzog. Vielleicht war diese Hinterlassenschaft kein umfangreiches Vermögen, aber sie lässt genauso wenig auf Armut und Elend schließen. Zudem war Abdullah in der Blüte seiner Jahre und zum Erwerb, zur Arbeit und zur Bildung eines ausgedehnten Vermögens in der Lage. Darüber hinaus lebtesein Vater noch und hatte ihm noch nichts von seiner Erbschaft übergeben.
Muhammads (s.a.s.) Geburt (570 n. Chr.)
Aminas Schwangerschaftszeit und die Geburt verliefen normal. Nach der Entbindung sandte sie nach Abdul Muttalib, der sich bei der Kaba aufhielt, ihn zu unterrichten, dass ihm ein Enkel geboren war. Den alten Mann überkam große Freude, als er dies erfuhr, und er gedachte seines Sohnes Abdullah. Sein Herz war von Glückseligkeit über seinen Nachkommen erfüllt, und er eilte zu seiner Schwiegertochter, nahm ihr Kind in seine Arme und lief mit ihm in die Kaba, wo er es Muhammad (s.a.s.) nannte.
Dieser Name war unter den Arabern zwar unüblich, aber durchaus bekannt. Der Großvater brachte das Kind seiner Mutter zurück und wartete mit ihr auf Ammen vom Stamm der Banu Sad, damit sie ihren Sohn einer von ihnen übergebe; so war es der Brauch der vornehmen Araber unter den Mekkanern. Die Historiker sind über das Geburtsjahr Muhammads (s.a.s.) uneins. Die moisten von ihnen sind der Ansicht, es sei das "Jahr des Elefanten "gewesen (570 n. Chr.).Ibn Abbas sagt, es war am "Tag des Elefanten". Andere meinen, fünfzehn Jahre davor oder einige Tage, Monate oder Jahre danach; einige schätzen dreißig, andere siebzig.Ebenso im unklaren ist man sich über den Monat, Die Mehrzahl nimmt jedoch an, Muhammad (s.a.s.) sei im Monat Rabiul Auwal geboren. Des weiteren wird versichert, es sei im Muharram oder im Safar gewesen.

Gaussin de Perceval hält in seinem Buch über die Araber für wahrscheinlich, dass Muhammad (s.a.s.) im August 70 n. Chr., also im "Jahr des Elefanten", in Mekka im Haus seines Großvaters Abdul Muttalib geboren wurde.Am siebten Tag nach Muhammads (s.a.s.) Geburt ließ Abdul Muttalib ein Schlachtkamel bringen, das geopfert wurde, und lud die Männer der Kuraisch ein. Sie kamen und aßen, und als sie von ihm erfuhren, dass er das Kind Muhammad (s.a.s.) nannte, fragten sie ihn, warum er auf die Namen seiner Väter verzichtet habe. Er antwortete: "Ich wollte, dass er im Himmel von Allah und auf Erden von SEINER Schöpfung gepriesen werde."
**** Das islamische Mondjahr beginnt mit dem Monat Muharram, es folgen die Monate Safar, Rabiul Auwal, Rabiuth Thani, Dschumadal Auwal, Dschumadath Thani, Radschab, Schaban,Ramadan, Schauwal, Dhul Kida und Dhul Hiddscha.
** Der neue Tag des islamischen Kalenders beginnt abends nach Sonnenuntergang. Diezweite Nacht des Rabiul Auwal bezeichnet also den 3. Rabiul Auwal usw.
*** Muhammad (s.a.s.) bedeutet übersetzt "der Gepriesene".
Muhammad ist der Sohn des 'Abdullah, des Sohnes des 'Abdulmuttalib, des Sohnes des Hasim, des Sohnes des 'Abd-Manaf, des Sohnes des Qusayy, des Sohnes des Kilab, des Sohnes des Murra, des Sohnes des Ka'b, des Sohnes des Lu'ayy. des Sohnes des Gälib, des Sohnes des Fuhr, des Sohnes des Malik. des Sohnes des Nudar, des Sohnes des Kinana, des Sohnes des Huzaima, des Sohnes des Mudrika, des Sohnes des Ilyas, des Sohnes des Mudar, des Sohnes des Nizar, des Sohnes des Ma'd, des Sohnes des 'Adnan, des Sohnes des Add, des Sohnes des Muqawwam, des Sohnes des Nahur, des Sohnes des Tairah, des Sohnes des Ya'rub, des Sohnes des Yasdsüb, des Sohnes des Nabit, des Sohnes des Isma'il, des Sohnes des Ibrahim, des Sohnes des Tarih, des Sohnes des Nahur, des Sohnes des Sarug, des Sohnes des Ra'u, des Sohnes des Falih, des Sohnes des 'Aibar, des Sohnes des Salih, des Sohnes des Arfahsad, des Sohnes des Sam, des Sohnes des Nuh, des Sohnes des Lamk, des Sohnes des Mattusalah, des Sohnes des Propheten Idris (Ahnuh), des Sohnes des Gard, des Sohnes des Mahlil des Sohnes des Qainan, des Sohnes des Ganis, des Sohnes des Sit, des Sohnes des Adam, Allahs Friede auf ihm.
Amina erwartete die Ankunft der Ammen von den Banu Sad, damit sie dem Brauch der Vornehmen Mekkas gemäß Muhammad (s.a.s.) einer übergebe. Dieser Brauch wird bei den Vornehmen Mekkas noch immer befolgt: Sie senden ihre Söhne am achten Tag nach der Geburt in die Wüste und lassen sie nicht in die Stadt zurückkehren, bis sie das achte oder zehnte Lebensjahr erreicht haben. Einige Stämme haben wegen ihrer Ammen einen besonders guten Ruf, darunter der Stamm der Banu Sad. Bis zum Eintreffen der Ammen übergab Amina das Kind Thuwaiba, der Sklavin seines Onkels Abu Lahab. Sie stillte ihn eine Zeit, wie sie es auch mit Hamza tat, so dass sie Milchbrüder wurden. Und obwohl Thuwaiba ihn nur wenige Tage säugte, erinnerte er sich ihrer stets mit Zuneigung und gab ihr Geschenke, solange sie lebte.
Als sie im siebten Jahr nach der Hidschra * nach Medina verstarb, fragte Muhammad (s.a.s.) nach ihrem Sohn, der auch sein Milchbruder war, damit er ihm an ihrer Stelle Geschenke gebe. Er erfuhr aber, dass dieser bereits vor ihr gestorben war. Die Ammen der Banu Sad kamen nach Mekka, um nach Kindern zu fragen, die siesäugen könnten. Und da sie auf großzügige Entlohnung der Väter hofften, pflegten sie sich von den Waisenkindern abzuwenden. Die Hoffnung für die Waisen war somit sehr gering; keine dieser Ammen nahm Muhammad (s.a.s.) deshalb an. Jede ging mit einem Kind, von dessen Angehörigen sie reichlich Gutes erhofften.
* Hidschra bedeutet "Auswanderung"; die Auswanderung des Propheten Muhammad (s.a.s.)von Mekka nach Medina ist in der islamischen Geschichte als markanter Wendepunkt von der Zeit der Unterdrückung zur Zeit der Entfaltung und Staats- und Gesellschaftsbildung von solch bemerkenswerter Bedeutung, dass sie den Beginn der islamischen Zeitrechung bildet.
Halima Bint Dhuaib As Sadija, die sich zunächst wie die anderen auch von Muhammad (s.a.s.) abgewandt hatte, fand niemanden, der ihr ein Kind übergab.Denn sie war von schwächlicher körperlicher Verfassung, weshalb die Mütter sie nicht akzeptierten. Als sich ihre Leute versammelten, um Mekka zu verlassen, sagte sie zu ihrem Gatten Al Harith Ibn Abdul Uzza: "Bei Allah , ich sollte zu diesem Waisen gehen und ihn nehmen!" Ihr Gatte antwortete ihr:
"Mache dir keine Gedanken, wenn du es tust, vielleicht macht Allah ihn zu einem Segen für uns."Halima nahm Muhammad (s.a.s.), und sie zogen mit ihren Leuten in die Wüste. Sie berichtete, dass sie in ihm, seit sie ihn genommen hatte, jeglichen Segen gefundenhabe. Ihre Schafe und Ziegen wurden fett, und sie gaben mehr Milch. Allah (t.) segnete sie in allem, was sie hatte.Muhammad (s.a.s.) blieb zwei Jahre in der Wüste, während der ihn Halima säugte und ihre Tochter Asch Schaima in die Arme nahm. In der Reinheit der Wüstenluft und der Härte des Wüstenlebens fand er, was sein Wachstum beschleunigte und die Anmut seiner äußeren Erscheinung und Schönheit seiner Gestalt förderte. Als er sein zweites Lebensjahr vollendet hatte und zu diesem Zeitpunkt entwöhnt war, ging Halima mit ihm zu seiner Mutter.
Beide kehrten aber zusammen in die Wüste zurück: einem Bericht zufolge auf Wunsch der Mutter, einem anderen zufolge auf Halimas Wunsch. Sie kehrte mit ihm zurück, damit er zu einem kräftigen Jungen heranwachse, die Angst um ihn wegen der Seuche, die damals in Mekka wütete, war ein weiterer Grund.Das Kind blieb zwei weitere Jahre in der Wüste, wo es sich in der Wüstenluft einer uneingeschränkten Wachheit des Geistes erfreute, die keine geistige noch materielle Einschränkung kannte.
Die Geschichte von der Öffnung der Brust
In diesem Zeitraum und bevor er sein drittes Lebensjahr erreichte, soll Muhammad (s.a.s.) der Überlieferung zufolge mit seinem gleichaltrigen Milchbruder auf der Weide seiner Angehörigen hinter ihrem Lager gewesen und sein Milchbruder aus dem Stamm der Sad angerannt gekommen sein und seinem Vater und seiner Mutter gesagt haben:
"Diesen meinen Bruder von den Kuraisch haben zwei Männer in weißen Gewändern genommen und ihn auf den Boden gelegt und seinen Bauch geöffnet und ihn umgedreht."Von Halima wird berichtet, sie habe über sich selbst und ihren Gatten gesagt: "Ich und sein Vater rannten hinaus und fanden ihn, wie er kreidebleich dastand; wir verharrten dort und fragten ihn: "Was ist dir, o unser Sohn?" Da sagte er: "Zwei Männer in weißen Gewändern kamen und legten mich auf die Seite, dann öffneten sie meinen Bauch und suchten darin etwas, aber ich weiß nicht was".
" Halima und sein Vater kehrten zu ihrem Zelt zurück. Der Mann fürchtete, ein Dschinn * habe den Jungen befallen. Sie brachten ihn deshalb zu seiner Mutter nach Mekka zurück. Ibn Ishak berichtet zu diesem Ereignis einen Hadith vom Propheten, der aus der Zeit nach dessen prophetischen Sendung stammt. Ibn Ishak war jedoch, nachdem er diese Geschichte erzählt hatte, vorsichtig genug zu erwähnen, dass der Grund für die Rückgabe an seine Mutter nicht die Schilderung von den beiden Engeln war.Nach dem, was Halima Amina berichtete, geschah es vielmehr aus folgendem Grund: Abessinische Christen sahen ihn, als sie mit ihm nach seiner Entwöhnung zurückkehrte; da sagten sie: "Lasst uns diesen Jungen nehmen und mit ihm zu unserem König in unser Land gehen. Denn mit diesem Jungen hat es, wie wir wissen, eine besondere Bewandtnis." Beinahe hätte Halima ihn nicht von ihnen wegbringen können.
Ebenso überliefert At Tabari die Geschichte, aber er erweckt Zweifel an ihr dadurch, dass er sie diesem dritten Lebensjahr Muhammads (s.a.s.) zuschreibt und sie dann nochmals erwähnt, dabei aber sagt, sie habe sich kurz vor der prophetischen Sendung ereignet, als er also vierzig Jahre alt war.Die Orientalisten sowie eine Gruppe der Muslime verlassen sich nicht auf die Geschichte von diesen beiden Engeln und halten ihre Überliefererkette für schwach. Der, der die beiden Männer dem Bericht der biographischen Bücher zufolge sah, war ein Knabe von nur wenig über zwei Jahren, und ebenso alt war Muhammad (s.a.s.) in jenen Tagen.
Die Überlieferungen stimmen darin überein, dass Muhammad (s.a.s.) beim Stamm Sad bis zu seinem fünften Lebensjahr blieb. Wenn dieses Ereignis stattgefunden hätte, als er zweieinhalb Jahre alt war, und Halima und ihr Gatte ihn damals seiner Mutter zurückgegeben hätten, gäbe es zwischen den beiden Berichten einen nicht hinnehmbaren Widerspruch. Folglich glauben einige Geschichtsschreiber, er sei mit Halima ein drittes Mal zurückgekehrt.
Der Orientalist Sir William Muir gab sich nicht damit zufrieden, auf die Geschichte von den beiden Männern in den weißen Gewändern hinzuweisen; er erwähnte: sollten Halima und ihr Gatte bemerkt haben, dass dem Kind etwas widerfahren sei, ist es vielleicht eine Art Nervenzusammenbruch gewesen, die seine gute gesundheitliche Verfassung nicht zu beeinträchtigen vermochte. Andere mögen sagen, es habe niemals die Notwendigkeit bestanden, ihm den Bauch oder die Brust zu öffnen, da Allah (t.) ihm bereits am Tag seiner Erschaffung versprochen habe, dass er SEINE Offenbarung empfangen werde. Dermenghem glaubt, diese Geschichte habe als einzige Grundlage die wörtliche Auslegung der Qur´aan-Ayat:"Haben WIR dir nicht die Brust geöffnet und dir deine Last abgenommen, die deinen Rücken drückte?"
**Er glaubt ferner, dass der Qur´aan auf einen rein geistigen Akt hinweise, dessen Zweck die Läuterung und die Reinigung dieses Herzens war, auf dass es die heilige Botschaft aufrichtig entgegennehme und sie in reiner Wahrhaftigkeit weitergebe und die schwere Last der Botschaft trage. Die Orientalisten und die muslimischen Denker sehen sich zu ihrer Stellungnahme zu diesem Ereignis deshalb veranlasst, weil das Leben Muhammads (s.a.s.) ganz und gar menschlich war und er zur Bestätigung seiner Prophetenschaft nicht in Wundern Zuflucht nahm, wie es die ihm vorausgegangenen Propheten getan hatten. Und siefinden darin Rückhalt bei jenen arabischen Historikern und Muslimen, die nichts vom Leben des arabischen Propheten wissen wollten, was nicht vom Verstand erfasst werden kann.
Sie betrachten solche Überlieferungen als unvereinbar mit dem, zu dem der Qur´aan hinsichtlich der Betrachtung von Allahs (t.) Schöpfung aufruft; und unvereinbar damit, dass es in den Gesetzen Allahs (t.) keine Veränderung gibt. Sie sehen darin keine Übereinstimmung mit den Worten des Qur´aan an die Polytheisten, dass diese nicht begreifen, dass sie keine Herzen hätten, mit denen sie zur Einsicht kämen.*Geisteswesen aus reinem Feuer erschaffen (Qur´aan, Sura 72, Aya 14); es gibt unter ihnenGläubige und Ungläubige. ** Qur´aan. Sura 94, Ayat 1-3.
Muhammad (s.a.s.) in der Wüste
Muhammad (s.a.s.) blieb bis zu seinem fünften Lebensjahr bei den Banu Sad und atmete mit der reinen Wüstenluft den Geist der Freiheit und der seelischen Unabhängigkeit ein. Er lernte von diesem Stamm die Sprache der Araber in mustergültiger Form, so dass er später zu seinen Gefährten sagte: "Ich bin der Arabischste von euch; ich bin ein Kuraisch und wurde bei den Banu Sad Ibn Bakr gestillt."Diese fünf Jahre hinterließen in seinem Wesen die schönste und dauerhafteste Spur, so wie Halima und ihre Angehörigen sein Leben lang der Gegenstand seiner Liebe und Ehrerbietung blieben:

Nach der Heirat Muhammads (s.a.s.) mit Chadidscha traf die Menschen eine Dürre. Halima kam zu ihm und kehrte von ihm mit einem wassertragenden Kamel und einer vierzigköpfigen Schafherde aus dem Besitz Chadidschas zurück. Jedes Mal wenn sie zu ihm kam, breitete er für sie als Zeichen der Hochachtung seinen Umhang aus, damit sie sich darauf setze. Ihre Tochter Asch Schaima war unter denen, die nach der Belagerung von At Taif zusammen mit den Banu Hawazin gefangengenommen wurden. Als sie vor Muhammad (s.a.s.) gebracht wurde und er sie erkannte, ehrte er sie und ließ sie ihrem Wunsch entsprechend zu ihren Angehörigen zurückkehren.
In der Obhut seines Großvaters Abdul Muttalib
Nach diesen fünf Jahren kehrte er zu seiner Mutter zurück. Es ist überliefert, Halima habe ihn gesucht, als sie mit ihm zu seinen Angehörigen gehen wollte, ihn aber nicht gefunden. Sie sei zu Abdul Muttalib gekommen und habe ihn unterrichtet, dass sie ihn im oberen Teil Mekkas verloren habe. Er sandte aus, ihn zu suchen, bis ihn den Berichten zufolge Waraka Ibn Naufal zurückbrachte. Abdul Muttalib sorgte für seinen Enkel, brachte ihm große Liebe entgegen und schenkte ihm all seine Aufmerksamkeit.
Diesem alten Mann, dem Oberhaupt der Kuraisch und von ganz Mekka, pflegte im Schatten der Kaba ein Polster ausgebreitet zu werden, und seine Söhne saßen aus Ehrerbietung für ihren Vater darum herum. Wenn dann Muhammad (s.a.s.) kam, zog ihn Abdul Muttalib an sich und ließ ihn auf dem Polster sitzen, er streichelte ihm den Rücken und zeigte Zeichen der Zuneigung, was Muhammads Onkel hinderte, ihn an ihren Platz zurückzuziehen.
Die Liebe des Großvaters für seinen Enkel nahm zu, so dass Amina mit ihrem Sohn nach Medina ging, um den Jungen dort den Onkeln seitens seines Großvaters bei den Banu An Naddschar vorzustellen. Sie nahm Umm Aiman mit sich, die Dienerin, die Abdullah zurückgelassen hatte. Als sie dort waren, zeigte sie dem Jungen, wo sein Vater gestorben und begraben war. Dies war das erste Gefühl von Verwaistsein, das sich in der Seele des Jungen einprägte. Vielleicht erzählte ihm seine Mutter ausführlich von diesem geliebten Vater, der sie nach wenigen Tagen, die er mit ihr verlebte, verließ und bei seinen Onkeln vom Tod überrascht wurde.
Der Prophet erzählte nach seiner Hidschra seinen Gefährten die Geschichte dieser ersten Reise mit seiner Mutter nach Medina und die Geschichte dessen, der Medina liebte und um seine Angehörigen, die in den dortigen Gräbern lagen, trauerte. Als sie sich in Jathrib einen vollen Monat aufgehalten hatten, entschloss sich Amina zur Rückkehr, und sie, Umm Aiman und Muhammad (s.a.s.) ritten auf ihren beiden Kamelen, auf denen sie von Mekka gekommen waren.
Auf dem Weg zwischen den beiden Städten wurde Amina bei Abwa * krank; sie starb und wurde dort begraben. Umm Aiman kehrte mit dem weinenden und alleingelassenen Kind zurück. Er empfand das doppelte Ausmaß seines Verwaistseins, und das Gefühl der Einsamkeit und des Schmerzes nahm zu. Wenige Tage zuvor hatte er bei seiner Mutter den Schmerz über den Verlust seines Vaters vor seiner Geburt erfahren. Und nun musste er mit eigenen Augen den Tod seiner Mutter erleben, und dass sie seinen kleinen Körper zurückließ, der die Last des vollständigen Verwaistseins zu tragen hatte.
Dies ließ die Zuneigung des Großvaters für ihn noch mehr wachsen. Dennoch grub sich die Erinnerung an sein Verwaistsein als ein tiefer Schmerz in seine Seele ein. Es ist sogar im Qur´aan zu finden, dass Allah (t.) SEINEN Propheten an die Gnade ihm gegenüber erinnert und sagt: "Hat ER dich nicht als Waise gefunden und Obdach gegeben, und fand dich irrend und zeigte den rechten Weg?" ** * Ein Ort zwischen Medina und Dschahfa, 23 Meilen südlich von Medina. ** Qur´aan. Sura 93, Ayat 6-7.
Vielleicht wäre die Heftigkeit dieses Gefühls des Verwaistseins etwas gemildert worden, wenn Abdul Muttalib älter geworden wäre. Er starb jedoch in seinem achtzigsten Lebensjahr, als Muhammad (s.a.s.) gerade erst acht Jahre alt war. Muhammad (s.a.s.) trauerte über den Tod seines Großvaters so tief wie über den Tod seiner Mutter. Er trauerte so sehr, dass er fortwährend weinte, als er seiner Totenbahre auf dem Weg zu seinem Grab folgte. Ungeachtet dessen, was er danach in der Obhut seines Onkels Abu Talib an Fürsorge, Zuneigung und Schutz über seine prophetische Sendung hinaus bis zu dessen Tod fand, gedachte er stets seines Großvaters.
Der Tod Abdul Muttalibs war in Wahrheit ein harter Schlag für die Banu Haschim insgesamt. Es gab niemanden von seinen Söhnen, der ein solches Ansehen wie er genoss und über Entschlossenheit, Stärke, Urteilskraft, Großmut und Einfluss unter allen Arabern wie er verfügte. Pflegte er nicht die Pilger zu ernähren und zu tränken und sämtlichen Bewohnern Mekkas Wohltaten zu erweisen, wenn sie Unheil und Schaden traf? Seine Kinder dagegen konnten eine solche Position nicht einnehmen. Denn die Armen unter ihnen konnten nichts geben, und die Reichen waren zu sehr auf ihr Vermögen bedacht. Deshalb zögerten die Banu Umaija nicht, sich auf das Erlangen der Machtstellung, die sie schon früher einmal erstrebt hatten, vorzubereiten, ohne nunmehr die Banu Haschim als einen ernstzunehmenden Rivalen fürchten zu müssen.
In der Obhut seines Onkels Abu Talib
Muhammad (s.a.s.) kam nun in die Obhut von Abu Talib, obwohl dieser nicht der älteste unter seinen Brüdern war. Der älteste war Al Harith; allerdings war er nicht sehr vermögend. Der Bemittelste war Al Abbas unter ihnen; er war jedoch nur auf sein Geld bedacht. Deshalb hatte er nur das Amt der Sikaja inne, das der Rifada dagegen nicht. Es ist also kein Wunder, dass von ihnen Abu Talib trotz seiner Armut der großmütigste und der am meisten geschätzte und geehrte Mann unter den Kuraisch war.
Und es überrascht auch nicht, dass Abdul Muttalib für den Fall seines Todes die Obhut Muhammads (s.a.s.) ihm in die Hände legte. Abu Talib liebte seinen Neffen so sehr wie Abdul Muttalib ihn geliebt hatte; er zog ihn sogar seinen eigenen Söhnen vor. Er fand in ihm eine Vortrefflichkeit, Intelligenz, Tugendhaftigkeit und Gutmütigkeit, die seine Verbundenheit mit ihm verstärkten.
Die erste Reise nach Asch Scham
Als Muhammad (s.a.s.) in seinem zwölften Lebensjahr stand, wollte Abu Talib eines Tages zu einer Handelsreise nach Asch Scham aufbrechen. Es war nicht seine Absicht, Muhammad (s.a.s.) mitzunehmen, da er sich wegen der Mühen der Reise und der Durchquerung der Wüste um ihn Sorgen machte. Aber Muhammad (s.a.s.) zeigte ein solch aufrichtiges Verlangen, seinen Onkel zu begleiten, dass alles Zaudern Abu Talibs beseitigt wurde und der Junge die Karawane bis nach Busra im Süden von Asch Scham begleitete.
Die biographischen Bücher berichten, dass er auf jener Reise mit dem Mönch Bahira zusammentraf und dieser bei ihm die Zeichen der Prophetenschaft erkannte, für die ihn die Vorankündigungen der christlichen Schriften als Beweismittel dienten. In einigen Überlieferungen heißt es, der Mönch habe Abu Talib geraten, ihn nicht bis ins Landesinnere von Asch Scham mitzunehmen, da er fürchtete, dass die Juden diese Zeichen an dem Jungen erkennen und ihm Schaden zufügen könnten.Auf dieser Reise fielen die schönen Augen Muhammads (s.a.s.) auf die Weite der Wüste und hingen an den leuchtenden Sternen ihres klaren Wüstenhimmels.
Er kam an Madjan, dem Tal von Kura und den Stätten von Thamud vorbei, und seine scharfen Ohren lauschten der Unterhaltung der Araber und der Wüstenbewohner über diese Wohnstätten und ihre Geschichte. Auf dieser Reise stand er aber auch in Asch Scham vor den blühenden Gärten, die jene von At Taif bei weitem übertrafen.Dieser Anblick ließ ihn die Gärten am Rande von der Öde der unfruchtbaren Wüste und die kahlen Berge in der Umgebung Mekkas vergessen. In Asch Scham erfuhr Muhammad (s.a.s.) ferner einiges über die Römer und ihr Christentum, hörte von ihrer Offenbarungsschrift, vom Streit der feueranbetenden Perser mit ihnen und dem zu erwartenden Krieg zwischen beiden.
Wenn er auch erst zwölf Jahre alt war, so verfügte er doch über eine Größe des Geistes, Gescheitheit des Herzens, Überlegenheit des Verstandes, Feinheit der Wahrnehmung, ein starkes Erinnerungsvermögen und dergleichen Vorzüge, die ihm die göttliche Vorsehung inVorbereitung auf das gewichtige Prophetenamt verliehen hatte, dass er auf die Dinge und Menschen um ihn herum mit dem Blick eines Prüfenden und Hinterfragenden schaute. Er verließ sich nicht auf alles, was er hörte und sah, sondern prüfte in seinem Inneren und fragte sich:
"Wo liegt bei all dem die Wahrheit?" Wahrscheinlich brachte Abu Talib diese Reise nicht viel Erlös, denn er unternahm danach keine derartige Reise mehr. Er war mit seinem Los zufrieden und blieb in Mekka, wo er mit seinen begrenzten finanziellen Mitteln seine vielen Kinder versorgte. Zufrieden mit seinem Geschick lebte Muhammad (s.a.s.) mit seinem Onkel so wie seine Altersgenossen. Während der heiligen Monate blieb er in Mekka bei seinen Angehörigen oder brach mit ihnen zu den benachbarten Märkten in Ukaz, Madschanna und Dhul Madschaz auf, wo er den Rezitationen der Vertreter der Mudhahhabat- und Muallakat-Dichtungen * zuhörte.
Seine Ohren folgten ihrer Sprachgewandtheit in ihrer Liebespoesie, ihrer Prahlerei und ihren Erinnerungen an ihre Abstammung, Moral, Ehre und Huld. Dann verarbeitete er dies verstandesgemäß und verwarf alles, was er davon nicht richtig fand, und bewunderte alles, was sein Wohlgefallen hervorrief.Er hörte den Reden der Juden und Christen zu, die das Heidentum ihrer arabischen Brüder scharf kritisierten und von den Schriften Jesu und Mose erzählten und sie zu dem aufriefen, was sie für die Wahrheit hielten. Muhammad (s.a.s.) wog dies in seinem Inneren ab, und er hielt es für besser als jenes Heidentum, in das sein Volk versunken war, aber zufrieden war er auch damit nicht. So lenkte die göttliche Vorsehung seine Seele seit seiner frühesten Jugend auf den Weg, der ihn für jenen bedeutungsvollen Tag rüstete, den Tag der ersten Offenbarung, da ihn sein Herr dazu aufrief, SEINE Botschaft zu verkünden: die Botschaft der Rechtleitung und Wahrheit für die gesamte Menschheit.
* Al Mudhahhabat (=die Goldenen) ist die Bezeichnung für eine Gedichtform, die besonders treffliche Sinnsprüche enthält. At Muallakat heißt wörtlich "die Hängenden". Es handelt sich hierbei um Gedichte, die bei einem Wettstreit mit einem Preis ausgezeichnet und dann an die Mauern der Kaba gehängt wurden.
So wie Muhammad (s.a.s.) die Karawanenstraßen in der Wüste durch seinen Onkel kennen lernte und so wie er den Dichtern und Rednern auf den Märkten um Mekka während der heiligen Monate zusammen mit seinen Angehörigen lauschte, so lernte er auch, Waffen zu tragen, als er im "Fidschar-Krieg" an der Seite seiner Onkel stand. Der Fidschar-Krieg war einer der Kriege, die immer wieder zwischen den Stämmen Arabiens ausbrachen. Er wurde Al Fidschar genannt, weil er in die heiligen Monate fiel, während derer die arabischen Stämme den Kampf einstellten und in Ukaz zwischen At Taif und Nachla sowie in Madschanna und Dhul Madschaz in der Nähe von Arafat Märkte für ihren Handel abhielten. Dort tauschten sie Waren, Prahlereien und Debatten aus, um anschließend zu ihren Götzen in der Kaba zu pilgern.
Der Markt von Ukaz war der berühmteste in Arabien. Auf ihm trugen die Vertreter der Muallakat-Dichtung ihre Gedichte vor, hielt Kuss ** seine Reden und unterhielten sich die Juden, Christen und Götzendiener allesamt über ihre Ansichten, und zwar in Sicherheit, denn es waren ja die heiligen Monate. Al Barrad Ibn Kais Al Kinani achtete diese Heiligkeit jedoch nicht, indem er während dieser Zeit die Sorglosigkeit des Urwa Ar Rahhal Utba Al Hawazini ausnutzte und ihn tötete. Dies hatte seinen Grund darin, dass An Numan Ibn Al Mundhir jedes Jahr eine Karawane mit Moschus von Al Hira nach Ukaz entsandte, die im Austausch dafür mit Fellen, Seilen und Brokatstoffen aus dem Jemen zurückkam.
Da bot sich ihm Al Barrad Al Kinani an, die Karawane im Bereich seines Stammes Kinana zu führen. Urwa Al Hawazini schlug vor, auf der Straße des Nedschd zum Hedschas vorzurücken. An Numan entschied sich für Urwa, was Al Barrad so sehr kränkte,dass er ihm folgte, ihn ermordete und seine Karawane übernahm. Al Barrad unterrichtete Bischra Ibn Abu Hazim, auf dass der Stamm der Hawazin nun an den Kuraisch seine Rache nähme. Die Hawazin holten die Kuraisch ein, bevor sie den heiligen Bezirk betreten hatten. Sie kämpften miteinander, aber die Kuraisch wichen zurück und nahmen vor den Siegenden im heiligen Bezirk Zuflucht.
Da schworen ihnen die Hawazin den Krieg bei Ukaz im kommenden Jahr. Dieser Krieg wütete vier aufeinanderfolgende Jahre zwischen beiden Parteien und endete mit einem der üblichen Friedensschlüsse der Wüste. Das bedeutete: werweniger Tote zu verzeichnen hatte, musste Blutgeld zum Ausgleich für das Mehr an Toten der anderen Seite bezahlen. Die Kuraisch zahlten das Blutgeld für zwanzig Mann der Hawazin, und Al Barrad galt von da an als Beispiel unlauteren Verhaltens. Die Historiker konnten das Alter Muhammads (s.a.s.) zur Zeit des Fidschar-Krieges nicht ermitteln. Man sagt, er war fünfzehn bzw. zwanzig.
Der Grund für diese Differenz liegt vielleicht darin, dass dieser Krieg vier Jahre dauerte; bei Kriegsbeginn wäre er dann fünfzehn Jahre, bei Kriegsende zwanzig Jahre alt gewesen. Auch nicht einig ist man sich über die Tätigkeit Muhammads (s.a.s.) in diesem Krieg. Manche sagen, er sammelte die Pfeile ein, die von den Hawazin abgeschossen worden waren, und händigte sie seinen Onkeln aus, um sie gegen ihre Gegner zurückzuschießen.
Andere glauben, dass er aktiv teilnahm und selbst Pfeile abschoss. Da dieser Krieg sich über einen Zeitraum von vier Jahren hinzog, gibt es nichts, was die Stimmigkeit beider Behauptungen ausschließen würde: zunächst sammelte er die Pfeile für seine Onkel ein, und später schoss er selbst. Der Gesandte Allahs erwähnte den Fidschar-Krieg Jahre nach seiner Berufung zum Propheten und sagte: "Ich nahm an ihm mit meinen Onkeln teil und schoss dabei Pfeile ab; wie sehr wünschte ich, ich hätte es nicht getan!" * der "unsittliche" Krieg.** Kuss war ein bekannter arabischer Redner seiner Zeit sowie Erzbischof von Nadschran.
Die Kuraisch begriffen nach dem Fidschar-Krieg, dass alles, was sie und was Mekka insgesamt nach dem Tod von Haschim und von Abdul Muttalib heimsuchte, an ihren Wortstreitereien lag und an ihrer Zersplitterung. Einst waren sie ohne Frage die Führenden Arabiens und unangreifbar; jetzt strebte jede Gruppe danach, Inhaber der Befehlgewalt zu sein und ihnen ihre Autorität zu entziehen. Da lud Az Zubair Ibn Abdul Muttalib die Banu Haschim, Zuhra und Taim ins Haus von Abdullah Ibn Dschudan ein und bereitete ihnen ein Mahl.
Sie einigten sich und schworen bei Allah (t.), dem Vergeltenden, dass sie auf der Seite des Unterdrückten stehen wollten, bis ihm sein Recht zurückgegeben werde. Muhammad (s.a.s.) war bei diesem Bündnis zugegen, das die Araber "Bündnis der Gnade" nannten. Er sagte: "Ich würde das Bündnis, bei dem ich im Haus von Ibn Dschudan zugegen war, nicht gegen eine Herde Esel eintauschen wollen, und wenn ich zu ihm gerufen würde, würde ich dem Ruf nachkommen."Der Fidschar-Krieg dauerte, wie wir gesehen haben, in jedem Jahr nur wenige Tage. In der übrigen Zeit des Jahres kehrten die Araber zu ihrer Arbeit zurück.
Sie setzten sie fort, ohne dass der Krieg in ihnen Bitterkeit zurückließ, die sie am Handel, Wucherzins, Trinken, Zeitvertreib und an reichhaltigen und verschiedenartigen Vergnügungen hätte hindern können. Nahm nun Muhammad (s.a.s.) gemeinsam mit ihnen daran teil? Oder ließen ihn seine Armut und die Fürsorge seines Onkels ihm gegenüber davon absehen, nach Wohlstand zu trachten? Nach dem, was die Geschichte bezeugt, blieb er all dem vielmehr fern. Aber nicht, weil er nicht in der Lage gewesen wäre, daran teilzunehmen. Sogar die am äußersten Ende Mekkas lebenden Ausgestoßenen und die, die nur einen begrenzten Lebensunterhalt hatten, fanden die Mittel dazu; einige von ihnen waren sogar noch schlimmer in Hingabe und Übertreibung als die Angesehenen Mekkas und die Edlen der Kuraisch. Muhammads (s.a.s.) Seele war jedoch ganz damit beschäftigt zu schauen, zu lauschen und zu ergründen.
Dass er vom Unterricht ausgeschlossen war, den einige seiner Altersgenossen von den Söhnen der Vornehmen erhielten, verstärkte seinen Wissensdrang. Die kraftvolle Seele, deren Einfluss später gewaltig sein sollte und deren Licht die Welt noch immer erfüllt, verschmähte in ihrem Streben nach Vollkommenheit jenen Zeitvertreib, nach dem die Mekkaner trachteten. Die Wahrheit führte sie zum Licht des Lebens, das sich in jeder Manifestation des Lebens offenbart. Sie war der Erforschung dessen zugewandt, was diese Erscheinungen aufzeigte und wovon diejenigen sprachen, denen Wissen gegeben war. Deshalb trat Muhammad (s.a.s.) von früher Jugend an mit solch einem vollkommenen Charakter und einer Zuverlässigkeit auf, dass ihn alle Mekkaner "Al Amin" ("den Glaubwürdigen") nannten.