Das linguistische Wunder im Vers "Und mein Haupt schimmert in Grauhaarigkeit"

Die Aussage: "Und mein Haupt schimmert in Grauhaarigkeit" ist ein Teil des Verses, in dem Zacharias – Friede sei auf ihm – das Bittgebet zu Allah sprach: "Mein Herr, das Gebein in mir ist nun schwach geworden, und mein Haupt schimmert in Grauhaarigkeit, doch niemals, mein Herr, bin ich enttäuscht worden in meinem Gebet zu Dir." (Sure 19 Mariam, Vers 4)

Es ist eher eine Erklärung des davor genannten Verses "Als dieser seinen Herrn mit leisem Ruf anrief" (Sure 19 Mariam, Vers 3). Deshalb wird die Konjunktion dargelegt, weil es doch eng mit dem darauf Folgenden verbunden ist.

Der Ausdruck "Das Gebein in mir ist nun schwach geworden" bedeutet: Das Gebein ist aus dem Greisenalter kraftlos geworden. Die Schwäche des Gebeins wird besonders erwähnt, weil es sich dementsprechend auf die Schwäche des ganzen Körpers bezieht. Das Gebein ist denn das Skelett und der Aufbau des Körpers und dessen stärkste Mitglied. Wenn es schwach wird, wird auch der Leib alterschwach.

Die Aussage "Und mein Haupt schimmert in Grauhaarigkeit" bedeutet: Die Grauhaarigkeit ist im Haupt verbreitet, wie das Feuer im Stroh. Die Grauhaarigkeit ist das weiße Haar. Es wird weiß aus Mangel an der Substanz für die Originalfarbe des Haares. So ist die Grauhaarigkeit gewöhnlich ein Zeichen für Alterung. Das Verb "schimmern" (Wiedergabe für das arabische Verb "ishta'al") beschreibt das Feuer, hier: die starke weiße Farbe. Als Metonymie wird es für die Verbreitung der Grauhaarigkeit am Kopf verwendet. Arabische Rhetoriker sind alle der Meinung, dass diese Metonymie unter den Besten Metonymien der Sprache ist. Denn sie verbindet die Redekunst mit dem wissenschaftlichen Wunder.

Dieser Metonymie fehlt nicht an Beredsamkeit und Eloquenz. Grundsätzlich kann der Ausdruck so sein: "Die Grauhaarigkeit des Kopfes schimmert" (arab. wa 'ishta'al shaibu –ul ra'as). Allerdings wird es aus Rhetorik umgeformt: "Und mein Haupt schimmert in Grauhaarigkeit" (arab. wa 'ishta'al alra'asu shaiban). So bezieht sich das Schimmern hier auf den Kopf und nicht das Haar. Rhetorisch gesehen handelt es sich um Implikation, um auszudrücken, dass das weiße Haar im ganzen Haupt verbreitet ist.

Kein einziger schwarzer Punkt mehr gibt es, außer an winzigen unerblickten Stellen. Diese Bedeutung kann doch nicht durch den Satz "Die Grauhaarigkeit des Kopfes schimmert" weitergeleitet werden, sonst gäbe es die Grauhaarigkeit nur noch an einigen Stellen am Kopf. Z.B. wenn man sagt: "Das Haus schimmert von Feuer". Dies bedeutet, dass das ganze Haus, mit all seinen Stellen und Ecken, entfachtet wird. Wenn man aber sagt, "Das Feuer schimmert im Haus", hat es dann nicht dieselbe erste Bedeutung, sondern es bedeutet nur, dass es Feuer im Haus gibt, aber es brennt unbedingt nicht alle Stellen und Ecken des Hauses.

Im Vers gibt es noch eine Beredsamkeit betreffs des Wortes "Haupt" (arab. al-ra's). Im arabischen Text kommt das Wort mit dem bestimmten Artikel vor. Die wörtliche Übersetzung lautet: "Und der Haupt schimmert in Grauhaarigkeit". Es ist eine Zusammenfassung der Ergänzung "in mir", wenn man sagt: "Der Haupt in mir schimmert in Grauhaarigkeit". Denn es ist schon vorher in der Erklärung des Gebeins erwähnt worden: "Das Gebein in mir ist nun schwach geworden".

Ein es ist noch zu erklären, warum das Graue im Vers überhaupt Bezug auf den Kopf und nicht auf das Haar nimmt. Denn der Kopf ist die Stelle der Alterungsmerkmale. Das Haar wird erst vollgrau, wenn der Bart und der Schnurrbart am Gesicht normalerweise auch grau geworden sind. So ist das ganze weiße Haar am Kopf ein Zeichen für die tiefe Alterung. Um einen Greis zu beschreiben, sagt man: "Sein Kopf entfachtet in weißer Farbe", oder "Sein Kopf ist grau geworden". Somit meint man: "Er ist ganz alt geworden".

So Ähnliches ist die Aussage Allahs: "Wie wollt ihr euch, wenn ihr ungläubig seid, wohl schützen vor einem Tag, der Kinder greis macht?" (Sure 73 al-Muzzammil: Vers 17)

Ein Beduin wurde einmal gefragt: "Was ist doch diese Weiße an deinem Haupt?" Er antwortete: "Das ist Butter, gemacht von Tagen, und Silber, gefertigt von Erfahrungen." So bezieht sich der Greisalter auf das ganze Haupt und nicht bloß auf das Haar, denn das weiße Haar schlechthin kann sich aus verschiedenen Gründen neben der Alterung ergeben.

Von: Muhammad Ismail Attouk

Übersetzt von:
Aliaa Zain

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